Harry Potter und der Gefangene von Askaban

Originaltitel: 
Harry Potter and the Prisoner of Azkaban
Land: 
USA / GB
Laufzeit: 
141 min
Regie: 
Alfonso Cuarón
Drehbuch: 
Steven Kloves
Darsteller: 
Daniel Radcliffe, Rupert Grint, Emma Watson, Alan Rickman, Maggie Smith
zusätzliche Infos: 
nach einer Romanvorlage von J.K.Rowling
Kinostart: 
03.06.04

Stell dir vor du bist 13 Jahre alt und die Pubertät hat dich voll in ihren pickligen Fingern. Deine Erziehungsberechtigten verstehen dich nicht, deine Lieblingsbücher musst du aus Angst vor Entdeckung unter der Bettdecke lesen und eigentlich würdest du lieber ausziehen, als dich weiter mit deinen Verwandten herumzuplagen.
Was sicherlich jedem Teenager schon mal passiert ist, hat nun auch den Zauberschüler von Hogwarts erwischt. Nach einem Streit, bei dem er die zu Besuch gekommene Tante zu Heißluftballonformat aufgeblasen hat, nimmt er samt Koffer Reißaus.

Völlig auf sich allein gestellt und von der Nacht umgeben, beschleicht Harry dann doch ein komisches Gefühl. Etwas Unbekanntes scheint in der Dunkelheit zu lauern. Da kommt der magische Bus, der fahrende Ritter, gerade recht. Dessen skurrile Crew beschert Harry nicht nur eine ereignisreiche Fahrt zum Tropfenden Kessel, sondern auch erste Informationen über einen entflohenen Sträfling namens Sirius Black. Dieser ist den gefürchteten Wärtern des Zauberergefängnisses Askaban, den Dementoren, entkommen und befindet sich auf dem Weg Richtung Hogwarts.

Endlich im Tropfenden Kessel angekommen, trifft Harry auf seine Freunde. Mr. Weasley unterrichtet Harry dann von etwas, das schon wie selbstverständlich zum Leben des Zauberzöglings gehört: Harry Potter schwebt wieder einmal in Lebensgefahr.


 

Filmkritik:

von Silke Tomoscheit (für sf-radio.net)

Die filmische Umsetzung des Gefangenen von Askaban ist sicherlich als anspruchsvolle Aufgabe zu werten. Immerhin gilt dieser Band bei vielen Fans als der Beste bisher. Entsprechend hoch waren natürlich die Erwartungen, denen es galt gerecht zu werden.
Die Verfilmung des dritten Harry Potter Buches wirkt düsterer, ernsthafter und nachdenklicher. Das mag an der literarischen Vorlage liegen. Denn auch die Bücher werden, genau wie ihre Protagonisten, erwachsener. Ein guter Teil ist wohl auch auf den Wechsel auf dem Regiestuhl von Chris Columbus zu Alfonso Cuarón zurückzuführen.
Cuarón, bekannt durch den Erotik-Roadmovie "Y tu Mamá También - Lust for Life!" und den Kinderfilm "A Little Princess", verwandelte die in den ersten Filmen magisch und heimelig wirkenden Schauplätze in karge oft gruselige Orte.
Auch die Darstellung der Dementoren erinnert eher an einen Horrorstreifen als an einen Kinderfilm. Die damit geschaffene Atmosphäre ist sicherlich nicht uninteressant, lässt bei mir aber nicht das verzauberte Gefühl erwachen, das vor allem die Bücher auslösen. Die Heraufsetzung der Bewertung durch die freiwillige Selbstkontrolle von FSK6 auf FSK12 scheint mir durchaus berechtigt.

Kinobesucher können auch in diesem Film wieder eine Reihe bekannter Schauspieler in Nebenrollen entdecken. Auch wenn sie teilweise schwer zu erkennen sind. Sehr stimmig ist die Darstellung der Professorin für Wahrsagen. Sybill Trelawney wird von Emma Thompson gespielt, die sowohl das Aussehen als auch das Auftreten des Charakters treffend wiedergibt.
Im Gegensatz dazu fand ich die Darbietung von Gary Oldman als Sirius Black eher schwach. Aber das mag ein Problem meiner hohen Erwartungen an den sonst soliden Schauspieler sein.
Der bisherige Darsteller des Professor Dumbledore, Richard Harris, verstarb kurz nach den Dreharbeiten zum zweiten Film. Sein Nachfolger Michael Gambon reicht mit seiner Verkörperung des schrulligen Schulleiters aber leider nicht an die Leistung des verstorbenen Künstlers heran. Der
Charakter des Albus Dumbledore wirkt in seinem Verhältnis zu Harry distanzierter und es fehlt das gewohnte Funkeln in den Augen.Auch die Darstellung des "Trouble-Trios" hat sich verändert.

Pubertäre Einflüsse sind nicht nur den Darstellern, sondern auch den Figuren anzumerken. Die Dynamik der Gruppe verändert sich hier teils entscheidend.Auch empfand ich die Verwandlung von Draco Malfoy in einen Angsthasen als übertrieben.
Inhaltlich hat der Film große Schwierigkeiten mit der Fülle des Buches mitzuhalten. Obwohl klar ist, dass eine Auswahl relevanter Schlüsselszenen getroffen werden muss, wurde die Schere im Schneideraum etwas radikal angesetzt. Geführt hat dies zu abgehackten Szenen und einem Handlungsfluss, der verstärkt durch teils sehr schnelle Dialoge, Verwirrung bei Nicht-Buchkennern hervorruft.
Besonders aufgefallen sind mir dabei die Szenen in der Heulenden Hütte. Wer ist hier eigentlich wer und warum sind alle dort und wo ist Snape plötzlich hin?Mindestens ein weiterer Logikfehler ist durch die Synchronisation ins Deutsche entstanden.
Hermine bezieht sich in einer Szene auf einen Satz Dumbledores, den dieser nie gesagt hat. Hierbei handelt es sich um die Aussage, zwei Leben retten zu können. Dumbledore trifft diese in der englischen Version kurz bevor Hermine und Harry ihre Zeitreise antreten. In der deutschen Umsetzung wird ein völlig anderer Inhalt wiedergegeben.

Positiv aufgefallen sind mir einige der eingesetzten Effekte, auch wenn ich sie im Großen und Ganzen zu sparsam fand. Der Auftritt der Dementoren war in jedem Fall beeindruckend und auch Harrys Ritt auf Seidenschnabel war sehr schön animiert. Wer wollte da nicht herausschreien "I'm king of the world"?

Zusammenfassend muss ich sagen, hat mir der Film zwar gefallen, aber er konnte weder an seine Vorgänger und schon gar nicht an die Romanvorlage heranreichen. Er beschert einen netten Kinoabend, zu dem man sich eine Tüte Popcorn besorgen sollte und kleine Kinder besser zu Hause lässt. Es bleibt abzuwarten, wie sich der in Produktion befindende vierte Teil entwickeln wird. Immerhin haben wir es hier schon wieder mit einem neuen Regisseur zu tun. Wie wird Mike Newell mit der Aufgabe umgehen?

 

Harry Potter und der Gefangene von Askaban l Offizieller Trailer