Shoot, my Darlin'

Originaltitel: 
Koroshiya & usotsuki musume
Land: 
Hong Kong
Laufzeit: 
87 min
Regie: 
Hitoshi Ozawa
Drehbuch: 
Hitoshi Ozawa
Darsteller: 
Vivian Hsu, Hitoshi Ozawa, Masahiro Yamashita
Kinostart: 
30.08.97

Wie der ebenfalls vor kurzem veröffentlichte Hong Kong Science Fiction Thriller “Hot War” ist die Neuveröffentlichung “Shoot my Darling” kein neuer Film, sondern eine Wiederentdeckung eines schon Ende der neunziger Jahre entstandenen Films. 1998 drehte der japanische Schauspieler und Regisseur Hitoshi Ozawa diese krude Mischung aus John Woo und Quentin Tarantino. Der Streifen ist nicht mit seinen späteren Beiträge zur “Kunoichi- Lady Ninja” Serie zu vergleichen, in welcher er seinen brüchigen Charakteren im ewigen Kampf gut gegen böse zumindest eindeutigere Motive zuordnen konnte.


Filmkritik:
von Thomas Harbach

Wie der ebenfalls vor kurzem veröffentlichte Hong Kong Science Fiction Thriller “Hot War” ist die Neuveröffentlichung “Shoot my Darling” kein neuer Film, sondern eine Wiederentdeckung eines schon Ende der neunziger Jahre entstandenen Films. 1998 drehte der japanische Schauspieler und Regisseur Hitoshi Ozawa diese krude Mischung aus John Woo und Quentin Tarantino. Der Streifen ist nicht mit seinen späteren Beiträge zur “Kunoichi- Lady Ninja” Serie zu vergleichen, in welcher er seinen brüchigen Charakteren im ewigen Kampf gut gegen böse zumindest eindeutigere Motive zuordnen konnte.

Wer sich “Shoot my Darling” nähern möchte, kann es nur über eine Hommage an John Woo und Tarantino und das von ihnen geprägte Actionkino mit seinen übertriebenen Schusswechseln, seinen eindimensionalen, nur selten wirklich überzeugend gezeichneten Charakteren und vor allem den vorherrschenden Grautönen inklusiv überzogener Plots. In einer Szene des Films suchen der Auftragskiller und die ihm anvertraute junge Frau wider Willen Schutz bei einem jungen Filmfanatiker. An der Wand hinter ihm hängt ein Poster zu “Death Race 2000”, der Corman Produktion. Als der weltfremde Jüngling den Mann in seiner schwarzen Kleidung mit einer blutenden Wunde und die schöne erschöpfte Frau in seinen Armen sieht, welche über die Terrasse in sein Ein-Zimmer-Apartment eindringen, spricht er nur ein Wort: cool. In einer anderen elementaren Sequenz stehen sich der Auftragskiller und der eher beiläufig in das Geschehen einbezogene Taxifahrer in einer Woo Konfrontation gegenüber. Die Waffen gegenseitig ins Gesicht gehalten. In den Gängen sammeln sich die eigentlichen Schurken zum Gefecht.

Während die beiden sich starr in die Augen sehen und eher belanglos miteinander plaudern, drehen sie sich plötzlich jeweils nach rechts und links um, schießen die “echten” Schurken über den Haufen und halten sich einen Augenblick später die Waffen wieder ins Gesicht. Es lässt sich sicherlich streiten, ob eine solche Sequenz noch Hommage oder schon Kopie ist. Auf jeden Fall hat Ozawa den sehr geradlinigen, handlungstechnisch oft rudimentären Thriller unter dem Eindruck dieser beiden kurzweiligen Ikonen des globalen Thrillers gedreht. Das er weder deren technische Souveränität noch Ideenfreude erreicht, liegt sicherlich auch an dem vergleichsweise bescheidenen Budget. Die Handlung wird auf eine Abfolge von immer überzogener und abstrakter werdenden Actionszenen reduziert.

Am Ende eines jeden Kapitels liegt einer der Protagonisten in seinem Blut und wird von den anderen entweder für tot gehalten oder vermisst. Dieser fast statische Ablauf überzogener Actionszenen könnte als Parodie angesehen werden, wären da nicht die - zumindest in der deutschen Synchronisation - coolen Dialogpassagen, in denen die unsympathischen und distanziert beschriebenen Charaktere mit miteinander kommunizieren, sondern mit todernsten Gesichtern Floskeln insbesondere des amerikanischen und Hong Kong Actionkinos aufsaugen. Eine Dekade nach dem Höhepunkt dieser Welle lässt sich “Shoot my Darling” in die Kategorie eines “Killing Zoe” einordnen, eines “I love a Man in Uniform” - Versuche, auf der Kinowelle mitzu reiten, ohne neue Impulse zu geben.

Die grundlegende Handlung ist klassisch: Ein Auftragskiller - ganz in schwarz gekleidet mit einer leichten Punkfrisur - soll eine junge Frau auf ihrer Reise begleiten. Er hat keine Informationen über sie, weiß nicht, dass sie die Schwester eines örtlichen Drogenbosses ist und das sie in ihrer Tasche Drogen transportiert. Warum der Boss nicht gleich den Auftragskiller mit dem Transport engagiert oder zumindest seine Schwester über den Beschützer in schwarz informiert hat, ist eine der vielen Fragen, welche sich der Zuschauer im Gegensatz zu den Protagonisten stellt. So flieht die junge Frau vor dem vermeintlichen Killer in die Arme der eigentlichen Schurken, wird kurze Zeit von einem debilen Taxifahrer gerettet, der in den Drogen die Chance sieht, aus seinem bisherigen erfolglosen Leben auszusteigen und zwingt ihren eigentlichen “Schutzengel” zu immer waghalsigeren Aktionen. Dieser ist allerdings mit seiner stoisch arroganten Miene auch nicht bereit, die junge Frau aufzuklären und muss es sich gefallen lassen, als Bodyguard dritter Klasse mit allerdings dem Mut und der Ehre eines Samurais durchzugehen. Viele dieser Sequenzen wirken mechanisch, die Actionszenen sind routiniert bis solide inszeniert, aber Ozawa macht den Fehler, den Zuschauer nicht in das Geschehen einzubeziehen.

Diese Distanz zwischen den eindimensional gezeichneten Charakteren und dem Außenstehenden Betrachter macht die Wirkung einiger weniger emotional wichtiger Szenen zunichte und raubt dem Film insbesondere im interessanten mittleren Drittel - die einzige Sequenzen, in denen man das Gefühl hat, bei einem provokanten asiatischen Film zuzusehen, der sich nicht scheut, auch sympathischere Figuren zu töten - seine Effektivität. Ozawa weiß zumindest technisch das “Heroic Bloodshed” Genre zu zitieren. Zu getragener Musik ohne allzu sehr auf die Zeitlupensequenzen eines John Woos zurückzugreifen laufen diese Tötungsorgien scheinbar endlos und parodistisch überzeichnet ab, ohne dass die obligatorische emotionale Brücke zum Publikum geschlagen wird oder geschlagen werden kann.

Damit gehen diese technisch zumindest adäquat inszenierten Sequenzen ins Leere und lassen “Shoot my Darling” noch mehr als der Torso erscheinen, welcher der Film trotz einiger interessanter Ansätze ist. Die budgetbedingte Kargheit kommt dem Streifen in einigen wenigen, aber dann interessanten Sequenzen zu Gute. Eine Verfolgungsjagd in der Sandebene - sie sieht aus, wie ein überdimensionales Kieswerk, das nach abgeschlossenen Arbeiten geglättet worden ist - zwischen einem Hubschrauber und dem Jeep mit dem unfreiwilligen Duo Taxifahrer und Auftragskiller ist rasant inszeniert, die Schnittfolge überzeugend und wahrscheinlich hat diese Passage den größten Teil des Budgets verschlungen. Wegen der öden Landschaft erinnert es ein wenig an Monte Hellmanns existentiellen Western “The Shooting”, auch wenn Ozawa den Fehler macht, die Szene in einem klamaukartig überspitzten und unglaubwürdigen Stunt gipfeln zu lassen.

Eine erste Auseinandersetzung zwischen dem Auftragskiller und den Verfolgern wirkt wie eine bodenständige Neuinterpretation des Gefängniseinbruchs in “The Terminator”. Ozawa zitiert aus dem Genre ausgiebig genug, um Filmfanatiker bei der Stange zu halten. Was ihm fehlt ist eine gehörige Portion Selbstironie, um seinen Streifen unterhaltsamer und griffiger zu machen. Der Auftragskiller verkörpert natürlich die moderne Reinkarnation des Samurai. Obwohl zu Beginn der klassische Schurke und Man in Black führt er seinen Auftrag mit einer Selbstverachtung aus, die ihm die Achtung des Publikums gewährt.

Mehr und mehr wird er erst zum klassischen Helden und Bodyguard - auch hier finden sich in “Shoot my Darlinig” einige Anspielungen, Vivien Hsu als widerfälliges Schutzobjekt steht Whitney Houston in nichts nach und ist teilweise genauso zickig, immerhin wird sie größeren Gefahren ausgesetzt als die strahlende Heldin der US Romanze - , um später in typischer Rächerpose die Welt von noch größeren Schurken zu befreien. Das letzte Zitat des Films ist Dolph Lindgrens “The Punisher”. Dieser effektiv, sehr blutig aber konsequent inszenierte Showdown gipfelt dann wieder in einer zu elegischen, zu ausgewalzten und unnötigen Dialogszene, in welcher sehr viel der latent aufkommenden Spannung wieder durch dümmliche Dialoge negiert wird. “Shoot my Darling” schwankt immer wieder zwischen faszinierender Nostalgie, Low Budget Actionfilm und unentschlossenem Yakuza- Drama hin und her. Keiner der Schauspieler fühlt sich wirklich in den karg ausgemalten Rollen wohl und der Zuschauer wird das größte Vergnügen in einer Suche nach dem Originalquellen finden, welche Ozawa teilweise gelungen, teilweise aber auch sehr oberflächlich benutzt, um seinen Standardactionstreifen über ein durchschnittliches Niveau zu heben.

Die Vorlage ist schwach, so dass I-on New Media Probleme hat, ein adäquates Bild zu präsentieren. Überraschenderweise passt dieses durchschnittliche, teilweise zu blasse Bild aber sehr gut zum Streifen. Eine Hochglanzpräsentation hätte die Budgetbeschränkungen und die teilweise doch noch rudimentäre Inszenierung noch weiter bloßgestellt. Die Tonspuren sind akzeptabel, die Mischung aus Dialogen und Hintergrundgeräuschen funktioniert über weite Strecken des Films gut. Die Schusswechsel sind deutlich überbetont und drängen die passende getragene Musik leider zu sehr in den Hintergrund. Das einzige Extra ist ein Trailer.

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