Sideways

Originaltitel: 
Sideways
Land: 
USA
Laufzeit: 
127 min
Regie: 
Alexander Payne
Drehbuch: 
Jim Taylor, Alexander Payne
Darsteller: 
Paul Giamatti, Thomas Haden Church, Virginia Madsen, Sandra Oh, Marylouise Burke, Jessica Hecht
Kinostart: 
03.02.05

Jack Lopate ist ein Schauspieler, dessen Erfolg schon einige Jahre zurück liegt und der sich nun mit Werbespots durchschlägt. Er ist ein Frauenheld, aber dennoch wird er in einer Woche in den Hafen der Ehe einfahren und in eine reiche Familie einheiraten.

Miles Raymond ist seit Collegetagen sein Kumpel. Er hadert mit sich und der Welt. Seine Scheidung vor zwei Jahren hat er nicht überwunden und leidet daran. Mit seinem Job als Lehrer ist er unzufrieden. Um dieser Öde zu entkommen, hat er ein Buch geschrieben und muss damit den nächsten Misserfolg einstecken: Seine Agentin versucht erfolglos, einen Verlag zu finden.

Miles lädt Jack ein, die letzten Tage vor der Eheschließung damit zu verbringen, eine einwöchige Tour durch die Weinanbaugebiete Kaliforniens zu machen, angereichert mit Proben des edlen Getränks, Golfspielen und viel Freizeit.

Unter der strahlenden Sonne Kaliforniens fahren sie los. Doch beide Männer haben unterschiedliche Ziele in dieser Woche: Miles möchte einmal mehr seine Wunden lecken und in Depression verfallen, während Jack die Zeit nutzen will, so viele Frauen wie möglich flach zu legen. Daher sind Krisen und Streitereien vorprogrammiert.

In dem Stammrestaurant treffen sie auf die Kellnerin Maya, wenig später auf deren Bekannte Stephanie. Jack kommt mit seinem proletenhaften Charme schnell bei Stephanie an, und sie beginnen eine Affäre. Miles erkennt nicht, dass Maya ernstes Interesse an ihm hat. Stattdessen erinnert er sich quälend an seine Ex-Frau und verfällt in Grübelei.

Jack hält seine Hochzeit geheim und gaukelt Stephanie eine ernste Liebe vor, während Jack sich in Mayas Gegenwart nicht wohlfühlt und ein Verhalten entgegen seines Charakters an den Tag legt. Es kommt zu einigen Turbulenzen. Nach Streit, Prügel und einer ungewöhnlichen Kollision zwischen Auto und Baum kehren sie in ihre Heimatstadt zurück, um ihr Leben wieder aufzunehmen. Aber die Reise hat Spuren hinterlassen.


Filmkritik:
von Holger Lodahl (für SF-Radio.net)

Regisseur Alexander Payne ist durch seine Filme "Election" (1999) und besonders durch "About Schmidt" (2002) bekannt und erfolgreich geworden. Genau wie die Helden in "Sideways" macht sich Schmidt auf, um seinem Leben wenigstens vorübergehend zu entfliehen. Er kommt in seine Heimat zurück, die er nun mit anderen Augen sieht. Payne hatte mit Jack Nicholsen einen Superstar engagiert, der "About Schmidt" mit seiner Schauspielkunst gepaart mit einem sehr guten Drehbuch zu einem der besten Filme des Jahres gemacht hatten.

Große Schauspielernamen sucht man bei "Sideways" vergebens. Die braucht Payne nicht mehr, durch den Ruhm von "About Schmidt" hat Payne genug Aufmerksamkeit.

Die Helden in "Sideways" sind Figuren, die man in Hollywood-Filmen selten findet. Sie sind nicht nur normale Menschen mit einer sie nicht erfüllenden Arbeit, Depressionen und lebensbestimmenden Sucht nach Sex. Sie sind mehr, nämlich unsympathisch und sogar überdurchschnittliche Idioten.

Miles wird vorgestellt als ein Mann, den das Leben langweilt und der in einer tiefen Midlife-Crisis steckt. Dass er während der Fahrt auf einer Schnellstraße auf dem Lenkrad Kreuzworträtsel löst und Alkohol trinkt, zeigt, dass man sich besser nicht mit im anfreundet. In seinem Frust hat er nicht erkannt, dass die geplante Junggesellen-Fahrt mit Jack nur schief gehen kann: Er hätte wissen müssen, dass sich sein langjähriger Freund Jack in den letzten Tagen vor seiner Hochzeit nicht darauf beschränken wird, sich Weine und Trauben erklären zu lassen oder auf Golfbälle einzuschlagen. Dass Miles sich in dem Ablauf der Reise so täuscht, lässt ihn unglaubwürdig oder sehr blind erscheinen.

Der schlechte Eindruck von Miles wird unterstrichen, als er das nötige Geld für die Reise seiner alten Mutter klaut, die er unter einem Vorwand besucht. Miles ist weder charakterlich noch optisch ein angenehmer Mensch, und diese Tatsache macht den Einstieg in "Sideways" erst einmal schwer.

Jack ist ein großes Pendant zu Miles: Seine körperliche Attraktivität war zwar schon auf dem Höhepunkt, doch weiß er seinen Charme noch immer zu nutzen und sieht das Glas eher halb voll als halb leer. Während Miles seine Probleme überdimensional sieht und sie nicht überwinden kann, verdrängt Jack die Tiefpunkte seines Lebens ebenso wie die Angst vor der Hochzeit und sucht Ablenkung in der Jagd nach Frauen.

Nach einigen Konflikten nimmt der Film eine Wende, als die beiden Männer Stephanie und Maya kennen lernen. Stephanie gibt Jack unbewusst die Möglichkeit, weiter vor seinen Ängsten zu fliehen: Er redet sich ein, nicht mehr zurückkehren zu wollen und verschweigt ihr, dass er heiraten wird. Es ist ein großer Befreiungsschlag, als sie davon erfährt und ihre Enttäuschung und Wut in körperlicher Gewalt ausarten lässt.

Die Kellnerin Maya ist die stärkste Figur in "Sideways". Sie ist die einzige, die weder unbewusst vor Problemen davonläuft noch misstrauische Gefühle ihren Mitmenschen gegenüber hegt. Ihr Interesse an Miles ist ehrlicher Natur, und sie lässt sich auch nicht von seiner schlechten Stimmung vergraulen. Sie spricht auch die schönsten Worte des ganzen Filmes:

Als sie sich mit Miles unterhält und fragt, warum ihm am Wein so viel liegt, gibt er recht belanglose Fachsimpelei von sich. Sie hingegen sagt, sie liebe den Wein, weil er so lebendig sei: Schon die Trauben seien schön, und aus ihnen würde dann der Wein so klar, rein und so geschmackvoll. Er reife mit den Jahren und würde immer besser - wann immer man eine Flasche öffne, sie würde immer anders schmecken als zu einem anderen Zeitpunkt. Diese Lebendigkeit des Weines läge ihr so am Herzen. Mit diesen Worten bringt sie den Film zu einer subtilen Wende, da durch sie Miles sein Problem versteht: Er lebt nicht, sucht im Wein die Flucht vor der Realität und ist auch gefährlich nahe der Abhängigkeit.

Miles und Jack reisen wieder ab - nicht ohne dass Jack erneut eine Frau flachlegt und sich kräftig Ärger einfängt: Er vergisst im Schlafzimmer der Frau seine Brieftasche mit seinen Trauringen und erkennt, wie sehr ihm seine Verlobte am Herzen liegt. Sehr zur Freude des Kinobesuchers muss Miles die Ringe wiederbeschaffen - einer der größten und unterhaltsamsten Momente von "Sideways". Trotz Jacks Erkenntnis, die Hochzeit nicht zu verderben, bleibt er wie er ist: Ein Mann, der sich selbst am nächsten ist.

Auch Miles nimmt sein altes, langweiliges Leben wieder auf. Da Stephanie sich enttäuscht zurückgezogen hat, bleibt nur Maya, dem Film ein Happy End und dem Zuschauer ein gutes Gefühl zu geben. Ihr ist es zu verdanken, dass man das Kino gutgelaunt verlässt und "Sideways" positiv in Erinnerung behält.

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