Sin City

Originaltitel: 
Sin City
Land: 
USA
Laufzeit: 
124 min
Regie: 
Frank Miller, Robert Rodriguez, Quentin Tarantino
Drehbuch: 
Frank Miller
Darsteller: 
Mickey Rourke, Clive Owen, Benicio Del Toro, Bruce Willis, Elijah Wood, Jessica Alba, Rosario Dawson, Devon Aoki
zusätzliche Infos: 
nach der Comicvorlage von Frank Miller
Kinostart: 
11.08.05

Marv hat einen schlechten Tag, einen von vielen in Sin City - man hat die schöne unbekannte Goldie neben ihm ermordet. Weil sie ihm gesagt hat, daß sie ihn liebt, fühlt sich Marv nach diesem One-Night-Stand berufen, die Gute zu rächen. Auch Cop Hartigan hat's nicht leicht - da gilt es einen Kidnapping-Fall zu lösen und ein kleines Mädchen zu befreien. Und der Hansdampf- in- allen- Gassen Dwight wird ganz zufällig ein Mörder und das auch noch für niemanden sonst als eine Gruppe Nutten....


Filmkritik:
von Susanne Picard (für SF-Radio.net)

Mit Comics verbindet sich meist der Gedanke an Helden. Echte Helden. Manchmal sind sie so strahlend wie Superman, manchmal getrieben wie Batman oder Constantine, manchmal ein wenig verloren in ihrem Drang, Gutes zu tun wie die X-Men oder gar dämonisch wie Hellboy oder Blade und manchmal sind sie eigentlich völlig normal wie Spiderman. Auch im europäischen Comic oder im japanischen Manga findet man sie, die Helden, da heißen sie Tim und Kapitän Haddock, Corto Maltese, Asterix und Blake und Mortimer oder Sailor Moon, Son Goku oder Yu-Gi-Oh.

Was sie eint, ist, dass sie eindeutig für das Gute kämpfen, oder zumindest sympathisch sind; manchmal geraten sie in verzweifelte Situationen, aber Freundschaft und ein unerschütterlicher Glaube daran, für das Richtige zu stehen, lösen auch die vertrackteste Situation.

Frank Miller macht es anders. Seine Figuren sind alles, was die oben genannten Helden in keinem Fall sind: Verlorene Existenzen. Da ist Marvin, der nichts ist als ein Schläger, immer mit einem Bein im Knast. Oder Gail, die Nutte, aber auch Chefin ihrer Clique von Huren, die zusammenhalten wie Pech und Schwefel und den Männern zeigen, was eine Harke beziehungsweise ein Kâtana ist. Oder Dwight, der nichts ist als ein Hansdampf in allen Gassen und eigentlich mehr durch Zufall zum Mörder wird - und so ist die Geschichte so grau, daß man nicht mehr definieren kann: Wer sind hier eigentlich die Guten und wer die Bösen? Nix ist mit Schwarzweiß, auch wenn der Film das sehr konsequent durchzieht.
Wer in Sin City einen "normalen" Beruf hat, unterscheidet sich von der Gossengesellschaft auf den ersten Blick nicht. Nancy Callahan sieht aus wie ein Engel und ist Stripperin, Lucille ist zwar Bewährungshelferin, versorgt Marv aber mit Beruhigungspillen, und die Bösen sind überhaupt die, die eine ordentliche amerikanische Stadt anführen sollten: Die Gebrüder Rourke, Senator und Bischof.

Was Robert Rodriguez und Frank Miller da gemeinsam auf die Leinwand gezaubert haben, ist absolut bemerkenswert. Ja, so kann eine Comicverfilmung auch aussehen - nicht nur schwarzweiß, wie im Comic, dem ja ebenfalls sämtliche Grauabstufungen fehlen. Wieder einmal wurde das Konzept benutzt, alle Schauspieler vor einer grünen bzw blauen Wand agieren zu lassen und den Hintergrund später erst einzubauen. Nicht neu, aber sicher das erste Mal gelungen, denn weder bei "Sky Captain" noch kürzlich bei "Immortal ad Vitam" hat das derart gut funktioniert. Das erste Mal wahrscheinlich, dass die Schauspieler nicht völlig überfordert sind, während sie weitgehend ins Nichts agieren. Ansonsten sind sie in beinahe jedem Fall eine Überraschung - mal von Clive Owen und Bruce Willis abgesehen, die das tun, wofür sie auch schon früher gelobt wurden: den hartgesottenen Cop und den charmanten Schuft spielen. Aber selbst Männer sehen wohl lieber die beiden in diesen Rollen als jemand anders. Rodriguez und Miller haben viele Leute gegen den Strich besetzt und bringen es offenbar fertig, in allen die Begeisterung für das Sujet zu wecken und das auch auf die Leinwand zu übertragen.

Wie auch der Comic enthält sich der Film beinahe jeglicher Farbe. Ohne Grau kommt der Film natürlich nicht aus, das liegt am Medium selbst, aber dennoch - die Kontraste sind stark hochgezogen und so hat man in der Tat den Eindruck, man sei sehr nah an den Comicbildern, die nur aus dem Gegensatz der beiden Nichtfarben Schwarz und Weiß bestehen. Ein paar Farbkleckse gibt es natürlich auch, hauptsächlich, um die einzelnen Episoden, aus denen der Film besteht (nach den Comicbüchern That Yellow Bastard, The Hard Goodbye und That Big Fat Kill) voneinander zu trennen und als Blickfänger zu dienen. Doch wie dunkel Sin City auch daherkommt - die Antihelden darin wachsen einem ans Herz. Sie behaupten sich gegen die Schublade, in die die angeblich so gute Gesellschaft sie stecken will und man gönnt ihnen das nicht nur, man leidet mit ihnen.

Am Schluß sei noch gewarnt. Der Film ist zu Recht ab 18 - da war nichts dran zu rütteln, selbst ein radikaler Schnitt hätte ihn kaum auf 16 drücken können. Für zarte Gemüter kann das nichts sein. Die starke Schwarzweiß-Überzeichnung enthebt ihn zwar ein wenig der Realität, aber dennoch gelingt es Rodriguez und Miller, so eindringliche Bilder zu finden, daß einen weniger die Gewalt selbst, als vielmehr der Gedanke daran erschreckt.

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