Das Haus Zamis 50: Lieb Schwesterlein, magst böse sein...

Das Haus Zamis 50, Titelbild, Rezension
Logan Dee & Michael Marcus Thurner

Beginnend mit dem schönen, das Ereignis feiernden Jubiläumstitelbild feiert der Zauerbmond Verlag den fünfzigsten Roman um die Abenteuer einer jungen Hexe. Dennis Ehrhardt würdigt nicht in seinem Vorwort Ernst Vlcek als treibende Kraft. Im Anhang findet sich der Nachdruck des allerersten "Coco Zamis"  Expose sowie die Würdigung einer Autoren und Künstler, die unmittelbar oder nur mittelbar als Leser mit der "Dorian Hunter" Schwesterserie in Verbindung stehen.

 Der größte Unterschied zu den sonstigen, als Doppelromane aufgebauten Bänden ist, dass es sich um den ersten Teil einer längeren Geschichte handelt und das Ende mit der Versammlung zu Testamentsverleseung der Erbtante inklusiv eines kleinen Paukenschlags offen ist. Zusätzlich haben Logan Dee/ Uwe Voehl und Michael Marcus Thurner gemeinsam einen Roman verfasst. Die Übergänge sind fließend, wobei sich Michael Marcus Thurner wie in seinen abschließenden Anmerkungen versprochen vor allem um die dunkle Geschichte Wiens kümmert.

 Der Handlungsbogen des vorliegenden Bandes ist nicht nur ambitioniert. Uwe Voehl gelingt es sowohl wichtige Informationen aus der Vergangenheit hinzuzufügen, als  auch einen Ausblick auf die Zukunft zu geben.  Die Rahmenhandlung ist die Reise von Thekla und Michael Zamis sowie Coco Zamis fast gegen ihren Willen nach Rumänien. Eine Großtante ist verstorben und es wird zur Testamentseröffnung geladen.  Dieser Rahmen ist in mehrfacher Hinsicht der Türöffner für im Grunde zwei in der Vergangenheit spielende Handlungsverläufe.

Der eine Bogen ist anfänglich die Geschichte von Juna, die behauptet, die Tochter vom Familienoberhaupt Michael Zamis zu sein. In den Rückblicken wird nicht nur ihre Geschichte, sondern vor allem auch das ihrer Mutter berichtet, die aufgrund ihrer seltenen Dämonengabe sich nicht nur von ihm zudringlichen Bruder befreite, sondern auch aus den Klauen des Vaters entkommen konnte. Michael Zamis hat Interesse an dieser ungewöhnlichen jungen Frau und bringt sie auf eine Schule für angehende Dämonen, nämlich auf das immer mehr verwahrlosende Schloss der im Rahmen gestorbenen Erbtante. Mit Raffinesse, Brutalität und Folter bringt sie die einzelnen Anvertrauten dazu, sich hinsichtlich ihrer dunklen Fähigkeiten weiter zu entwickeln und vor allem gleichzeitig ihr mit Gefallen gefügig zu sein. Die Autoren toben sich in diesem Abschnitt ordentlich aus und präsentieren eine nicht immer subtile, aber ausgesprochen effektive Mischung aus Grausamkeiten und Implikationen. Nicht selten sind es nur die Ergebnisse, die Junas Mutter sieht, welche sich ins Gedächtnis der Leser einbrennen und nicht seitenlange Beschreibungen von Brutalitäten. Selbst die Entjungferung mit dem Schließen eines weiteren familiären Kreises wird nebenbei gestreift.

Am Ende dieses langen familiären Rückblicks kommt es zum Brückenschlag zu Juna, deren Äußerungen wahr sind. Wie Michael Zamis sie von seiner Frau Thekla versteckt hat und wie stark die beiden Familienoberhäupter Michael und Thekla Zamis im Grunde seit vielen Jahren voneinander abhängig sind, ist einer der Höhepunkte des Romans.

Uwe Voehl hat sich in den letzten fast zwanzig Romanen sehr viel Zeit und Raum genommen, um die interdämonischen Bande innerhalb des Zamis Clans in den Vordergrund zu rücken. Anfänglich konzentrierten sich die Autoren auf Michael und Georg Zamis, wobei Thekla mit ihrem auf den ersten Blick hinterhältigen „Pakt“ mit Asmodi zum ersten Mal aus dem Schatten getreten ist. Als Persönlichkeit reift sie auch im vorliegenden Band. Viele der Ränke auf dem Weg nach oben an die Spitze der Wiener Unterwelt hat sie zumindest gebilligt, wenn nicht sogar perfide mit geplant. Mit Junas Geburt scheint der bislang auf den ersten Blick so dominierende und dominante Michael Zamis aus ihrem Bahn ausbrechen zu wollen und handelt gegen ihren Willen.

Nicht alle Fragen werden beantwortet, aber Michael Marcus Thurner und Uwe Voehl  verfestigen auf der einen Seite die Chronik der Zamis, auf der anderen Seite verschieben sie fast unmerklich selbst zu Cocos Überraschung die Fronten.    

Aber noch ein politischer Aspekt ist wichtig. Immer wieder ist in den bisherigen Romanen erwähnt worden, das die Zamis unter der Führung Michael zur dominanten Wiener Dämonenfamilie geworden sind. Dabei haben die Autoren Details ignoriert. Im vorliegenden Band holen sie es nach. Wie brutal und rücksichtslos egoistisch Michael Zamis vorgeht, ist nicht nur lesenswert, sondern zeigt die andere, immer wieder durchscheinende Charakterseite des Mannes. Ein Egoist, ein Opportunist und vor allem ein „Betrüger“, der die strengen Richtlinien der Dämonen immer wieder für sich neu interpretiert. Die Hilfe erhält er von der „Erbtante“, wobei er sich nach anfänglichen Forderungen am Ende auch nicht zu schade ist, sich für den Giftatem sogar zu prostituieren.   

In den vorangegangenen Doppelromanen gehörten die in den dreißiger und vierziger Jahren spielenden Episoden zu den Höhepunkten der Serie. An diese Idee knüpfen Uwe Voehl und Michael Marcus Thurner an. Immer wieder ohne Wertung und an der Grenze des guten Geschmacks gegenüber den tatsächlichen Gräueltaten der Nazis stellen sie die dämonischen Kämpfe – sie fordern ja auch jenseits der dunklen Welt menschliche Opfer -  den menschlichen Auseinandersetzungen gegenüber, wobei insbesondere auch die Nachkriegszeit in der ebenfalls geteilten Stadt Wien einen guten Nährboden für die Dämonen bildete.

Der auf verschiedenen Zeitebenen durchlaufende Handlungsstrang hat das Team motiviert. Im direkten Vergleich zu den qualitativ manchmal ein wenig unausgeglichen erschienenen Doppelbänden ist das Tempo des ganzen Romans hoch. Der Leser vermisst Coco Zamis überhaupt nicht, da so viele neue und bizarre Figuren eingeführt werden, die um die Aufmerksamkeit der Leser förmlich balgen. Dazu kommen neben den Zamis unter anderem mit dem nur kurz auftretenden Asmodi sowie vielen leidgeplagten Dienern der Dämonen peripher bekannte Gesichter.

Das Zusammenlaufen der beiden Handlungsteile Vergangenheit und Gegenwart ist effektiv, wobei Michael Zamis manchmal nicht nur unorthodox, sondern für einen derartig perfide vorgehenden Mann zu impulsiv agiert und seine größeren Pläne im Grunde durch Dummheiten wieder in Gefahr zu bringen scheint. Er ist wieder die dominierende Figur und mit diesen weiteren Informationen hinsichtlich seiner näheren Vergangenheit rundet sich seinen Charakter positiv bedrohlich ab. Mit Juna taucht eine weitere Zamis auf und der Titel  des Romans bezieht sich nicht nur auf Juna, sondern einige andere der Dämonen.

Der fünfzigste Roman von „Coco Zamis“ bzw. „Das Haus Zamis“ ist nicht nur durch die Extras, sondern auch durch die stringentere Handlung und das hohe Tempo einer der besten Romane um die Abenteuer einer jungen Hexe seit einigen Jahren.   

 

www.zaubermond.de

Taschenbuch, 220 Seiten

Titelbild: Mark Freier

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