Kritik zu Mission: Impossible – Fallout: Die Action ist das Ziel

Die Reihe zu Mission: Impossible begann einst als ein interessantes Experiment des Actionkinos, wie es heutzutage kaum noch möglich wäre: Jeder Film des Franchises sollte von einem anderen Regisseur inszeniert werden und dementsprechend einen individuellen Look und Ton besitzen. Während Brian De Palma mit dem ersten Film noch einen interessanten Noir-Spionagethriller ablieferte, wollte die Actiongestaltung eines John Woos nicht so recht zum Agentengenre passen, auch wenn Mission: Impossible 2 immer noch einen kommerziellen Erfolg verzeichnete. Trotzdem fand das Franchise erst unter der Schirmherrschaft von J.J. Abrams und seiner Produktionsfirma Bad Robot einen sicheren Stand. Sein Mission: Impossible 3 war lediglich ein moderater Erfolg, aber immerhin entpuppte sich der von ihm produzierte und von Brad Bird inszenierte Ghost Protocol als spaßiger Triumph. 

Was nach vier Filmen besonders hervorstach: Hauptdarsteller Tom Cruise duldete endlich erinnerungswürdige Nebenfiguren neben sich, und der Teamaspekt kristallisierte sich stärker heraus. Natürlich ließ es sich Cruise weiterhin nicht nehmen, alle Stunts selbst zu machen und letztendlich der Stern zu sein, um den alle anderen kreisen. Was einst mehr wie Selbstgefälligkeit eines Megastars wirkte, ist heute das spektakuläre Alleinstellungsmerkmal der Reihe. Und die Richtung, die Brad Bird mit seinem Ghost Protocol vorgab, schlug Autor und Regisseur Christopher McQuarrie im 5. Teil namens Rogue Nation noch einmal konsequenter ein und gab den einzelnen Figuren zusätzlichen Raum zum Atmen. Kein Wunder also, dass er der Regisseur ist, der zum ersten Mal in der Geschichte des Franchises einen weiteren Mission-Impossible-Film mit dem Namen Fallout inszenieren durfte.     

Wahnsinniger Star vollführt wahnsinnige Stunts, um wahnsinniges Komplott zu verhindern

Ethan Hunt und sein Team bestehend aus dem nervösen Benji Dunn (Simon Pegg) und dem Technik-Ass Luther Stickell (Ving Rhames) möchten "nur" einen Koffer gefüllt mit waffenfähigen Plutonium von Schwarzmarkthändlern kaufen, allerdings geht im Zuge dessen alles schief, was schief gehen kann: Das Plutonium fällt einem Terrorsyndikat namens Die Apostel in die Hände. Die Terrorgruppe folgt den Doktrinen eines düsteren Manifestes, das besagt, dass Frieden nicht ohne großes Leid möglich ist. Das ist aber bei der Wiederbeschaffung des Plutoniums allerdings nicht das einzige Problem. Weil Hunt das gefährliche Material verloren hat, setzt die CIA-Direktorin Erica Sloan (Angela Bassett) den brutalen und arroganten CIA-Agenten August Walker (Henry Cavill) auf ihn an. Bei dem Versuch, das Plutonium wiederzubeschaffen, trifft das Team außerdem auf einen alten unliebsamen Bekannten, der noch eine Rechnung mit Hunt offen hat.

Tom Cruise ist mit höchster Wahrscheinlichkeit und in vielerlei Hinsicht ein Wahnsinniger. Ein Darsteller und eine öffentliche Person, die nicht umsonst kritisch und kontrovers betrachtet wird. Allerdings handelt es sich auch um die Art von Wahnsinn, die ihn dazu verleitet, sich an das höchste Gebäude der Welt kleben zu lassen oder sich an die Seite eines startenden und später fliegenden Frachtflugzeuges zu hängen. Im aktuellen Fall klettert er an einem Seil zu einem fliegenden Hubschrauber hoch, rast mit dem Motorrad durch das vielbefahrene Paris, sprintet durch die  Straßen und über die Dächer Londons und springt von einem Gebäude zum nächsten und bricht sich dabei einen Knöchel… und noch Einiges mehr. Alles für das Amüsement und die Unterhaltung des Publikums. Die Mission-Impossible-Reihe würde ohne Tom Cruise wahrscheinlich nicht funktionieren, denn welcher Hollywood-Star wäre schon grenzdebil genug, diese Stunts ohne Green Screen und doppelten Green-Screen-Boden auszuführen. Wer Cruise jedoch nicht als weitestgehend unkaputtbaren Action-Flummi namens Ethan Hunt akzeptiert, wird auch mit dem neuesten Eintrag im Franchise von Mission: Impossible Probleme haben. Denn die Stunts sind noch abstruser, die Action-Szenen noch waghalsiger und die Verfolgungsjagden noch temporeicher. 

Regisseur Christopher McQuarrie bleibt bodenständig so gut es geht

Trotz alledem schafft es der Actionfilm im Gegensatz zu vielen seiner anderen Actionkollegen, zumindest noch mit der Zehenspitze des kleinen Zehs am Boden haften zu bleiben. Das ist vor allem Autor und Regisseur Christopher McQuarrie zu verdanken, der sich inzwischen zu eine Art Cruise-Flüsterer entwickelt hat: Neben Mission: Impossible – Fallout und Rogue Nation überarbeitete und sanierte er das Drehbuch zu Ghost Protocol, schrieb das Drehbuch zum Kult-Science-Fiction-Film Edge of Tomorrow und schrieb sowie inszenierte den fast schon altmodischen Actionthriller Jack Reacher

Im vorliegenden Fall legt er zwar ein hohes erzählerisches Tempo mit einem festgeschnürten Erzählkonstrukt vor. Trotzdem nimmt er sich Zeit für klassischen Spionage- und Verkleidungsspaß, steigert beides manchmal fast ins parodistische, ohne es jedoch komplett zu veralbern. Mission: Impossible – Fallout wandert stets gekonnt auf diesem schmalen Grat. Nebenbei ist McQuarrie aber in der Lage, den Figuren so etwas wie emotionalen Spielraum zu verschaffen und ihre eigenen Rollen im gesamten Geheimdienstgeschehen hinterfragen zu lassen. 

Die britische Spionin Elsa Faust (Rebecca Ferguson) bildet wie im letzten Film einen besonderen, mysteriösen und emotionalen Anker und darf dabei weiterhin kräftig austeilen. Mit Charme, Charisma, höchster Agenten-Kompetenz und einem stets wissenden Blick stellt Rebecca Ferguson eine ebenbürtige Cruise-Partnerin dar. Der stets zu wenig in Hollywood genutzte Ving Rhames hat wieder eine Chance, ein wenig mehr Facettenreichtum zu beweisen. Und Simon Pegg ist weiterhin mehr als eine reine komödiantische Ergänzung, welche die Stimmung auflockern soll, auch wenn er diese Aufgabe stets effektiv erfüllt. Neuzugang und The-Crown-Star Vanessa Kriby ist dank ihrer Unberechenbarkeit eine etwas andere Femme Fatale. Zu guter Letzt kann Henry Cavill seine gesamte arrogante und schmierige Seite zum Besten geben, was ihn zu einer abwechslungsreichen Ergänzung in dem Gespann macht. 

Action erzeugt die Spannung, nicht der Plot

Der Plot ist bestenfalls ein gut geöltes Vehikel, um die spektakulären und bis ins letzte Detail perfekt kalibrierten Action-Setpieces zu transportieren. Allzu viel Figurentiefe sollte also niemand erwarten. Ethan Hunt konzentriert sich weiterhin starrsinnig auf seine Mission, auf die Rettung der Welt und den Schutz seiner Freunde. Eine Zielstrebigkeit, die fast schon fast ans Wahnhafte grenzt. Selbstzweifel, physikalische Gesetze oder gar eine schwächelnde Kondition stehen da schließlich nur im Weg. Hunt kennt nur die Vorwärts- und Aufwärtsbewegung und fällt höchstens mal hin, um sich schließlich wieder aufzurappeln. Dass die Action trotzdem weiterhin handfest und greifbar bleibt, ist der Tatsache geschuldet, dass McQuarrie nur wenige Digitaleffekte verwendet oder sie so gut versteckt, dass man sie kaum wahrnehmen kann. Der Regisseur verbindet gekonnt seine offensichtliche Liebe zum Filmemachen, feine Bildkompositionen mit den Vorzügen und der Schnelligkeit des modernen Actionkinos.   

Fazit: 

Mission: Impossible – Fallout ist ein spannender und kinetischer Actionthriller mit einer Prise Humor, der gerade genug Cleverness, Emotionalität und reizvolle Figuren bietet, um sich von vielen anderen zeitgenössischen Actionthrillern abzuheben. Ohne Frage, ein Actionkracher, der vor allem auf der großen Leinwand seine volle Wirkung entfaltet.

zusätzlicher Bildnachweis: 
© Paramount Pictures

MISSION: IMPOSSIBLE - FALLOUT | TRAILER A | DE

Mission: Impossible - Fallout (2018) - Official Trailer - Paramount Pictures

Mission: Impossible – Fallout
Originaltitel:
Mission: Impossible – Fallout
Kinostart:
02.08.18
Regie:
Christopher McQuarrie
Drehbuch:
Christopher McQuarrie
Darsteller:
Tom Cruise, Rebecca Ferguson, Simon Pegg, Vanessa Kirby, Henry Cavill, Alec Baldwin, Ving Rhames, Sean Harris, Angela Bassett, Michelle Monaghan, Wes Bentley, Frederick Schmidt
Tom Cruise schlüpft zum sechsten Mal in die Rolle des Ethan Hunt.

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