An Obol for Charon - Kritik zu Star Trek: Discovery 2.04

SPOILER

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Star Trek Discovery

Ganz viele warme Gefühle für “An Obol for Charon” oder auch “Der Charonspfennig”. Nach dem enttäuschenden Zwischenspiel im klingonischen Imperium mit dem Back-Door-Piloten für Sektion 31 gibt es in Episode 2.04 wieder jede Menge Aktion an Bord der Discovery. Es ist aber auch ein Auf und Ab mit Star Trek: Discovery.

Willkommen in Babel

Die aktuelle Hauptmission für Pike bleibt das Finden von Spock und die Klärung des Geheimnisses rund um den Vulkanier. Doch als sie kurz davor sind, ihn zu erwischen, setzt ein großes glühendes Etwas die Discovery fest und stört sämtliche Funktionen. Angefangen mit dem Kommunikationssystem beziehungsweise dem Übersetzungsprogramm.

Entsprechend bricht Chaos auf der Brücke aus, als sich alle (inklusive dem Computersystem) nicht mehr untereinander verständigen können und in wechselnden fremden Sprachen sprechen. Ein herrlich alberner Moment, der den Darstellern sichtlich Spaß gemacht haben dürfte. Hier kommt eine frühere Information zum Tragen: Saru hat 94 Sprachen gelernt und kann so das Problem übergangsweise beheben. Ein Beispiel für eine Szene, die zwar Fragen aufwirft - etwa warum nicht zumindest einige untereinander weiter Standardenglisch verstehen -, aber dennoch gut funktioniert.

An Bord wirbelt der eingefangene Computervirus so einiges durcheinander. Doch anstatt eine ernsthafte Bedrohung zu sein, stellt sich das Etwas als teilweise organisch, teilweise anorganisches Wesen heraus, das im Sterben liegt. 100.000 Jahre alt mit jeder Menge angehäuften Wissen, das es gerne zuvor noch weitergeben würde. Mangels sonstiger Kommunikationsmöglichkeit nutze es das Festsetzen und Infizieren der Discovery mit einem digitalen Virus, um die volle Aufmerksamkeit zu bekommen. Als all das endlich rausgefunden und das reichhaltige Material für viele Generationen an Starfleet-Wissenschaftlern gesichert werden konnte, endet diese rahmengebende Handlung in einem großen Boom.

Eine schöne, harmlose, in sich abgeschlossene Geschichte, die Raum für die wirklichen Entwicklungen an Bord bietet.

Kein Problem, ich habe Duct-Tape

Jett Reeno (Tig Nataro) ist zurück! Und da die Krisensituation es erfordert, schickt sie der immer noch namenlose Technikchef direkt mit einer Mission ins Labor von Stamets. So schnell kann es gehen mit dem Aufeinandertreffen meines Wunschtrios Tilly / Reeno / Stamets. Wie erwartet liefern sich Stamets und Reeno gleich hitzige Wortgefechte über ihre sehr unterschiedlichen Herangehensweisen: Während Reeno eher handwerklich-pragmatisch an die Problemlösung geht, will Stamets es gewohnt wissenschaftlich ausklügeln. Ein Zwischenfall mit dem gefangenen Sporenwesen Mae zwingt schließlich beide zu Zusammenarbeit. Eine deutlich vorhersehbare Kombination als die folgende aus Akkubohrer und “Space Oddity”. Immerhin bemüht sich Reeno, den Bohrer zu desinfizieren, ehe damit ein kleines Loch in Tillys Schädel gebohrt wird. Nicht nachmachen, Kinder!

Das Sporennetzwerk ist also nicht nur so an sich ein lebendes System, sondern auch tatsächliche Heimat von Leben. Und das ist sauer, sehr sauer. Durch Stamets Verbindung mit dem Netzwerk für die Sprünge wird ihr Lebensraum geschädigt. Stamets Entschuldigung und Zusicherung, sich um das Problem zu kümmern (was auch heißt, sich vom Sporenantrieb nun doch wieder zu verabschieden) reicht dem nach wie vor “Mae” genannten Wesen nicht aus. Es hat Größeres mit der empathischen Tilly vor, die bereits als Kommunikationsmittler dient.

Sehr viel Technikgebabbel und sicherlich einige offene Fragen, aber auch hier funktioniert der Handlungsstrang und die Interaktion der Charaktere stehen im Vordergrund. Es macht einfach Spaß, dem Trio bei der Problemlösung zuzusehen. Gerne mehr davon, inklusive Klimaschutz-Debatten. Aber jetzt rettet erstmal Tilly.

Der letzte Wille

Sie hatten mich. Für einen Moment hatten sie mich. Ich habe ihnen wirklich abgenommen, dass Saru sterben könnte. Der Kelpien hat leider nicht nur die rumgehende Erkältung. Die Nähe zum uralten Etwas, das die Discovery festhält, hat bei Saru einen für sein Volk eigenen tödlichen Prozess ausgelöst.

Zumindest glaubt man das auf seinem Heimatplaneten Kaminar. Wie in dem Short Trek “The Brightest Star” zu sehen, werden immer mal wieder Kelpien ausgewählt, die den Ba’ul geopfert werden. Meistens werden die ausgesucht, bei denen sich Zeichen von Vaharai zeigen. Eben jener Krankheit, die ansonsten ohnehin zum sicheren Tod führen soll.

Saru ist fest davon überzeugt, sterben zu müssen. Und da er der einzige Kelpien überhaupt in der Föderation ist, hat Dr. Pollard kaum Wissen und Erfahrung mit seiner Spezies. Anstatt in Panik auszubrechen, tut er das, was seiner Art neben der permanenten Angst zur frühen Gefahrenerkennung auch eigen ist: Das Gegebene hinnehmen und sich so gut es geht noch nützlich machen.

Der Geschichte wird zum Glück viel Raum gegeben. Eben soviel, dass ich bei der Endszene in Sarus Quartier und seiner Bitte an Burnham um quasi aktive Sterbehilfe wirklich sehr bewegt war und den Serienmachern den Abschied von Saru dann doch tatsächlich zugetraut hätte. Die Freude, dass dem nicht so ist, überwiegt die sehr plötzliche - wortwörtliche - Auflösung um ein Vielfaches.

Der Strang zieht sich durch die komplette Episode und ist wunderbar berührend geschrieben. Sowohl das Wissen über Saru und die Kelpien als auch seine Beziehung zu Burnham machen einen gewaltigen Sprung. Ich bin sehr gespannt, wie sie die Veränderung in Saru - immerhin jetzt anscheinend angstfrei - als auch seine Erkenntnis, dass seine Art auf Kaminar eine Lüge lebt, im Weiteren aufgreifen.

Von Hamburgern und Habanero-Sauce

Nur eine Kleinigkeit, die mich dennoch schmunzeln ließ: Is(s)t Nummer Eins (Rebecca Romijn) immer noch im Speisesaal? Immerhin sieht man, dass die Discovery sich bereits im Warp-Antrieb befindet, als Pike seinen Ersten Offizier dort mit ihrem Fast-Food zurücklässt.Eigentlich kam sie auch nur an Bord, um ihrem Captain vertrauliche Information persönlich zu übergeben. Auch sie ist eifrig dabei, das Rätsel rund um Spock zu lösen und kann seine Reisedaten liefern.

Nebenbei erfährt man so auch, dass die Enterprise das einzige Schiff mit dem vorhandenen Problem ist und dies wohl an dem neumodischen holografische Kommunikationssystem liegt. Also doch wieder zurück zu den guten, alten Bildschirmen. Und es für Pike zu dem Zeitpunkt noch wohl nie jemanden geben wird, der die Enterprise so sehr liebt wie es sein derzeitiger Chefingenieur Louvier tut.

Auch die Sicherheitschefin der Enterprise, Nhan, ist zurück. In vollem Discovery-Outfit. Überhaupt ist es schön, wieder die komplette Crew und mittlerweile bekannte Hintergrunddarsteller interagieren zu sehen.

Fazit

Immernoch kein Spock in Sicht, aber das macht nichts. Eine ganz wunderbare Folge mit dem Mix aus abgeschlossener Rahmenhandlung und jeder Menge Charaktermomenten. Von einem Grinsen bei den humorvollen Einwürfen bis zu Tränen bei den gut geschriebenen emotionalen Szenen war alles dabei. Dass es dazu gleich mehrere Abteilungen der Discovery nebst Besatzung in Aktion zu sehen gab, ist ein besonderer Pluspunkt.

Space Oddity

Star Trek: Discovery

Originaltitel: Star Trek: Discovery
Erstaustrahlung 24. September 2017 bei CBS All Access / 25. September 2017 bei Netflix
Darsteller: Sonequa Martin-Green (Michael Burnham), Jason Isaacs (Captain Gabriel Lorca), Michelle Yeoh (Captain Georgiou), Doug Jones (Lt. Saru), Anthony Rapp (Lt. Stamets), Shazad Latif (Lt. Tyler), Maulik Pancholy (Dr. Nambue), Chris Obi (T’Kuvma), Shazad Latif (Kol), Mary Chieffo (L’Rell), Rekha Sharma (Commander Landry), Rainn Wilson (Harry Mudd), James Frain (Sarek)
Produzenten: Gretchen Berg & Aaron Harberts, Alex Kurtzman, Eugene Roddenberry, Trevor Roth, Kirsten Beyer
Entwickelt von: Bryan Fuller & Alex Kurtzman
Staffeln: 4+
Anzahl der Episoden: 42+


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