Kritik zum neuen Thief: Gutes Reboot oder t(h)ief gefallen?

Reboots  sind aktuell stark im Trend – egal ob in Hollywood oder in der Spielebranche. Dabei bieten sie die Chance alte Marken einem neuen Publikum zu präsentieren. Gern möchte man natürlich auch die alten Fans ansprechen und so eine möglichst große Zielgruppe beziehungsweise möglichst viele Käufer gewinnen. Deswegen rührt man die Werbetrommel gerne mit Ankündigungen eines „Neuen Old-School-Erlebnisses“. Aber geht das überhaupt?

Möglich ist dieser scheinbare Widerspruch, aber ist er auch rentabel? Können heutige AAA-Titel, deren Kosten denen von Filmproduktionen gleich kommen, noch die Schwierigkeit eines Spiels vom Ende des letzten Jahrhunderts haben? Die Antwort ist in dem Fall von Eidos Montreals Thief, was heute erscheint, leider ein Nein.

Das Spiel wird Opfer der Rebootfalle und fristet ein Dasein als Mutant aus Kompromissen der Entwickler um alte und neue Fans anzusprechen. Dabei hat der Entwickler 2011 doch mit Deus Ex: Human Revolution bewiesen wie man es richtig macht. Woran scheitert es also bei Thief?

Doch erst einmal zu den Grundlagen. Das Schleichspiel Thief dreht sich um den Meisterdieb Garrett, der nach einer missglückten Diebestour ein Jahr ins Koma fällt und in seiner Heimatstadt aufwacht, die inzwischen an der Terrorherrschaft eines Barons und an einer Seuche leidet. Übernatürliche Kräfte sind auch mit dabei. Das kommt dem ein oder anderen bekannt vor? Kein Wunder, Thief bedient sich in fast jeder Hinsicht an Dishonored von 2012. Die Ähnlichkeit ist dabei nichts Schlechtes: Dishonored hat damals alles richtig gemacht und gilt als Meisterwerk.

Die Atmosphäre in der Stadt ist immer dicht: Als Dieb ist Garrett natürlich nur im Dunkeln unterwegs. Natürlich gilt es trotzdem so unauffällig wie möglich zu sein. Dabei muss darauf geachtet werden keine lauten Geräusche zu machen, sowohl Wachen als auch Vögel können den schleichenden Dieb verraten. Sich geschmeidig fortzubewegen ist im Spiel das A und O. Immer bereit sein müssen Gefahren auszuweichen oder sie auszulöschen (wie eine Fackel mit einem Spezialpfeil mit Löschfunktion) – das ist die große Stärke von Thief. Getrübt wird diese im Gameplay aber immer wieder von den KI-Komparsen.

Ein Schleichspiel steht und fällt mit der Glaubhaftigkeit der Wachen. Diese teilen sich hier in zwei Typen auf: Armbrustschütze und Schwertkämpfer. Manchmal könnte man meinen, es gäbe nur viele Klone der zwei Wachen, wenn diese in jedem Stadtteil den gleichen Beschäftigungen nachgehen. Darüber könnte man ja noch hinwegsehen, wenn die Gegner nicht auch noch strohdumm wären. An vielen Stellen hören sie Wassertropen aus zehn Metern Entfernung können jedoch scheinbar nur zwei Meter weit gucken. Das erinnert teilweise etwas an Skyrim, wenn das eigene Drachenblut mit einem Schleichskill von 100 direkt vor Stadtwachen vorbeikriecht und nicht gesehen wird. Ungewollte Komik kommt auch auf, wenn der Spieler Wachen in Thief per Schnelladefunktion in Animationen fangen, oder einfrieren kann. Diese Bugs kommen recht häufig vor, da Ladebildschirme trotz vergleichsweise kleiner Karte an jeder Ecke warten.

Die Ecken sind aber nicht wirklich zahlreich, die Illusion der großen Stadt wird schnell zerstört, wenn man bemerkt, dass die meisten Türen verschlossen sind. Man bewegt sich nicht in einem Stadtviertel – zwischen Garrett und dem Ziel liegt nur eine Aneinanderreihung von Straßen und Gassen. Selbst Schränke lassen sich nur bedingt öffnen, das ist aber kein Problem schließlich bekommt man genug Wertgegenstände, da selbst in den schmuddeligsten Gassen haufenweise Silberkelche zum mitnehmen herumliegen. Warum es in der Stadt überhaupt noch Bettler gibt, wenn Geld buchstäblich auf der Straße liegt ist wohl ein Geheimnis der Entwickler.

Falls man sich beim Einsammeln von Kerzenleuchtern und Geldbörsen dennoch auf dem linearen Weg verirren sollte – hat man leider Pech gehabt. Die Karte ist im Stil des grau-braunen Designs des Spiels gehalten und leider völlig unbrauchbar. Ist man in einem Anwesen mit mehreren Stockwerken unterwegs sieht man nur noch ein Wirrwarr aus grauen Linien auf grauem Grund.

Das Lesen der Karte ist damit eine eigene Schwierigkeit an sich. Doch wie sieht es mit dem Schwierigkeitsgrad aus? Echte Fans der Vorgänger werden auch auf dem Schwierigkeitsgrad „Schwer“ kein Problem haben das Spiel selbst ohne entdeckt zu werden zu meistern. Trotzdem habe die Entwickler daran gedacht auch diese Spieler nicht zu enttäuschen: Mit dem Schwierigkeitsgrad „Custom“ lassen sich alle Features, die einen „Luxus“ der neueren Zeit darstellen einfach abschalten. Wer dann noch im Menü die HUD-Optionen, wie hervorgehobene Gegenstände, abschaltet, findet sich in einem kniffligen Spielerlebnis à la Oldschool wieder.

Abschließend gesagt: Thief ist kein schlechtes Spiel. Im Vergleich mit Konkurrenten aus der Neuzeit wie Dishonored und Deus Ex: Human Revolution kann es allerdings nicht mithalten und bewegt sich eher in der Stealth-Liga eines Skyrim. Für Fans des Genres ist das Reboot also nur bedingt zu empfehlen.

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