Kritik zu DuckTales (2017) Staffel 1

Anfang dieses Jahres ging auch in Deutschland die erste Staffel der neuen DuckTales mit einem packenden Zweiteiler zu Ende. Mit etwas Abstand und nach einer abermaligen Sichtung aller Episoden der ersten Runde ist jetzt endlich die Zeit für eine der Serie angemessene Besprechung gekommen, die zwar nicht über Gebühr, jedoch immer dann, wenn nötig, spoilern wird. Da in unserer Kritik zum Pilotfilm auch schon viele wichtige Aspekte thematisiert werden, sollten all diejenigen, die sie noch nicht gelesen haben, vielleicht erst dort reinschauen.

Mittlerweile lässt sich eines definitiv sagen: Die extralange Auftaktepisode “Das Abenteuer beginnt“ markierte den Beginn der zweiten einzigartigen Cartoon-Erfolgsgeschichte rund um Dagobert, seine Großneffen und viele weitere Bewohner Entenhausens. Und ja, “zweite“ und “einzigartig“ haben hier beide zweifellos eine Daseinsberechtigung. Denn so sehr dieses Reboot sich vor dem Original und den Comics von vor allem Carl Barks (gerade auch hinsichtlich des Zeichenstils), aber auch denen von Don Rosa verneigt, ist es den Machern doch gelungen, etwas sehr Einzigartiges mit einer völlig eigenen Handschrift zu erschaffen.

Aus Alt…

Die Version von 1987 ist gewissermaßen eine Art zeitloses Meisterwerk, was man unter anderem daran sieht, dass der Look und die in den Folgen verarbeiteten Inhalte auch heute noch wunderbar funktionieren und nicht davon auszugehen ist, dass das in einigen Jahren anders sein wird. Auf den ersten Blick sind die unterschiedlichen Themensetzungen gar nicht so offenkundig: Damals wie aktuell drehte beziehungsweise dreht sich viel um Abenteuer, um das Entdecken und Erforschen. Der neue Ansatz setzt aber weit weniger auf die Verbindung aus Expedition und verborgene Schätze. Überhaupt definiert sich Dagobert Duck überraschenderweise hier weit weniger als in jedem anderen Medium, in dem er je zu sehen oder zu hören war, darüber, die reichste Ente der Welt zu sein.

Allein dadurch erhält die Neuauflage einen völlig anderen Schwerpunkt als der berühmteste Vertreter der legendären Disney-Afternoon-Cartoons. Fans der ersten Stunde dürften die regelmäßigen Geldbäder im Geldspeicher ebenso vermissen wie die ausgiebigen Darstellungen der exotischsten und größten Schatzkammern, die man sich nur vorstellen kann. Dagobert reiste einst sogar extra in die Vergangenheit, um einmal mehr über Mac Moneysack zu triumphieren und letztlich um ein riesiges Diamantenvorkommen reicher zu sein.

Diese Missionen wurden aber stets so gestaltet, dass immer klar war, dass trotz allem die Familie für Dagobert stets oberste Priorität hat - auch wenn das im Zweifelsfall enorme finanzielle Einbußen bedeuten würde. Auf diese Weise war er nie wirklich der raffgierige, ziemlich hartherzige Geizhals, den man zu Beginn von Mickys Weihnachts-Erzählung zu sehen bekommt. Also dem Film, in dem Scrooge McDuck, wie Dagobert eigentlich heißt, als die literarische Figur auftritt, von der sein Schöpfer Carl Barks sich einst maßgeblich inspirieren ließ: Ebenezer Scrooge aus Eine Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens.

DuckTales 2017

… wird Neu

In der Serie von 2017 ist Dagobert noch viel deutlicher ein in Bezug auf seine Abenteuerlust Junggebliebener, einer, der das Adrenalin braucht, den Wettbewerb und einer, der bis zuletzt allen beweisen will, dass er schlauer als die Schlauesten und härter/zäher als die Härtesten/Zähesten ist. Ein Spruch, der seit jeher mit dem Charakter assoziiert wird, angeblich auf dessen Vater Dietbert zurückgeht, und auch in der Serie von 1987 fiel, in der Neuinterpretation allerdings weit mehr mit Leben gefüllt wird.

Damit einher geht der deutlich stärkere Fokus auf seine drei Großneffen und auf Nicky. Letztere ist jetzt ausgewiesener Dagobert-Fan, was zu unzähligen charmanten Szenen führt. Außerdem ist sie im Vergleich zur früheren Nicky mit Schleife und Puppe weit aufgedrehter und dürfte bei dem einen oder anderen Erinnerungen an Mabel aus Willkommen in Gravity Falls wachrufen. Das der jungen Entendame von einst retrospektiv oftmals angedichtete Image des „hilflosen Fräuleins in Nöten“ stimmt aber definitiv nicht mit der Realität überein. Sie gerät zugegebenermaßen mehrfach in gefährliche Situationen (die Drillinge und ihr Großonkel allerdings auch), meistert diese jedoch entweder ganz alleine, verhält sich sehr klug oder löst vermeintlich unlösbare Konflikte durch ihr einfühlsames Wesen.

DuckTales 2017

Tick, Trick und Track wiederum sind erstmals seit Quack Pack - Onkel D. & Die Boys vollkommen eigenständige Persönlichkeiten. Außerdem entschieden sich Matt Youngburg und Francisco Angones, die Köpfe hinter dem Projekt, dafür, die Reihenfolge, in der die drei stets genannt werden, erstmals an ihr Alter zu knüpfen. Es kommt deshalb auch nicht von ungefähr, dass Tick (mit dem roten Pulli und der einzig verbliebenen Mütze) der Klügste von ihnen und sehr vernünftig ist, Trick (mit dem blauen Pulli) der Abenteuerlustigste, der meist etwas überstürzt handelt, und Track (mit dem grünen Pulli) der mit dem meisten Geschäftssinn, jedoch auch der Faulste ist. Und allein diese dramaturgischen Entscheidungen haben enorme Auswirkungen auf den Grundton der neuen DuckTales.

Denn es dominiert der Humor, kein übertrieben alberner oder derber, vielmehr ein sehr zeitgeistiger, verbunden mit großartigen Easter Eggs, die von der Liebe der Macher zur Urserie zeugen. Wenn etwa Darkwing Duck mittlerweile ein Klassiker ist, den ausgerechnet Quack, der bekanntlich den Schrecken, der die Nacht durchflattert, aus den 90ern - zumeist im Donnerquack - unterstützt hat, liebt, macht das den ehemaligen Kindern dieser Tage einfach Spaß. Wenn Dagobert auf einer Auktion ist, auf der ein altes Gemälde versteigert wird, auf dem die Silhouetten der Gummibärenbande zu sehen sind, ebenso. Und wenn eine ganze Folge den Luftpiraten und ihrem Anführer Don Kanaille aus Käpt’n Balu und seine tollkühne Crew gewidmet wird und sogar der Eisengeier sein Comeback feiern darf, erst recht.

All diese Fanservice-Momente eint aber, dass sie nicht einfach existieren, um bei den Duck-Freunden der ersten Stunde nostalgische Gefühle zu wecken. Nein, alle sind sinnvoll in die Handlung integriert, und so viel sei verraten: In den Folgestaffeln wird auf diesem Fundament noch eine Menge mehr entstehen. Nicht wenige sprechen in diesem Zusammenhang bereits von einem stetig weiterwachsenden DAU (Disney Afternoon Universe), das eventuell auch in absehbarer Zeit zu weiteren absolut denkbaren und erfolgsversprechenden Spin-off-Reboot-Gemischen führen könnte. Denn nach all der Zeit weiß nun jeder, dass Kap Suzette und St. Erpelsburg in unmittelbarer Nähe von Entenhausen liegen.

DuckTales 2017

Von mutigen Schritten und klugen Ideen

Überhaupt Zukunft: Während das Original - abgesehen von den Mehrteilern - primär aus in sich abgeschlossenen Folgen bestand, zeichnet die Neuauflage eine im Vergleich wesentlich horizontalere Erzählweise aus - die einzelnen Episoden funktionieren allerdings überwiegend ebenfalls auch unabhängig voneinander. Gerade in den roten Fäden sieht man jedoch sehr schön, dass Youngburg und Angones tatsächlich Fans der ersten DuckTales und des gesamten Universums sind. Denn eine, man möchte fast sagen, Nerd-Frage, die sich längst zu einem Running Gag verselbstständigt hatte, aufzugreifen und sie dann auch noch mehr als zufriedenstellend, zu beantworten, ist ein klares Indiz dafür und lautet: Wer ist die Mutter von Tick, Trick und Track?

Zugegeben, wer in den 90er-Jahren das Micky-Maus-Heft gesammelt hat, findet wahrscheinlich irgendwo auf dem Speicher noch den XXL-Stammbaum der Ducks, der in einigen Kinderzimmern gehangen haben dürfte. All jene, auf die dies zutrifft, wussten wahrscheinlich, dass Donalds Schwester Della heißt. Und die Serie greift dieses Mysterium quasi sogar auf, weil Dagoberts Nichte verschwunden ist, weder Donald noch sein Onkel ein Wort darüber verlieren und es deshalb an den Kindern - allein voran Trick und Nicky - hängenbleibt, dieses Geheimnis zu lüften.

Und auch die Handlung des finalen Doppelpacks ist eine, auf die über mehrere Folgen hingearbeitet und die außerdem dazu genutzt wurde, um Lena, eine völlig neue Figur mit Publikumslieblingspotenzial, einzuführen. Wieder so ein Beispiel für die Durchdachtheit, mit der jedes dieser neuen Abenteuer ganz offensichtlich konzipiert worden ist. So fügt sich auch der zweite für die Neuauflage erfundene Charakter wunderbar in die Riege der schon existierenden Antagonisten Dagoberts ein: Mark Bürzel, ganz eindeutig von einem anderen recht berühmten Mark inspiriert - #techmilliardär.

Dieser ist allerdings nicht nur ein Gegenspieler Dagoberts, sondern auch in Sachen Erfindergeist und Einfallsreichtum ein ernstzunehmender Kontrahent von Daniel Düsentrieb. Der Tüftler hat ein völlig neues Rollenprofil erhalten und genießt mittlerweile als verkanntes Genie beinahe eine Art Antiheldenstatus. Ein mutiger Schritt, der ebenso die Geister spaltet wie Friedas Wandlung von der netten, jedoch bei Bedarf auch wehrhaften Haushälterin und Oma (von Nicky) Frieda hin zu der sehr toughen Ex-Agentin Frieda - durch die unter anderem F.O.W.L (die fiese Organisation für weltweite Lumpereien) im zweiten Disney-Kosmos kanonisch wird. Bei Gustav Gans hat man sich eher an den Wesenszügen, die man von ihm aus den Comics kennt, orientiert als an denen aus der Version von 1987, sprich: Er ist jetzt wesentlich arroganter und unsympathischer, was dazu führt, dass man bei seinen Auseinandersetzungen mit Donald ganz eindeutig auf dessen Seite ist.

DuckTales 2017

Im Sinne des humoristischeren Ansatzes haben die Macher aus den Panzerknackern und sogar aus dem Erzfeind der reichsten Ente der Welt, Mac Moneysack, eher Karikaturen gemacht, was in sich absolut schlüssig ist. Gleichsam ist es wohl diejenige der von Youngburg und Angones als richtig erachteten Maßnahmen, die für einen langjährigen DuckTales-Anhänger am schwierigsten zu akzeptieren ist, weil dadurch eindeutig Spannung verloren geht. Dazu passt dann wiederum, dass man Fenton Crackshall ohne viel Aufhebens zur Krachbummente, eine der beliebtesten Enten des Ur-Cartoons, macht. All dies beweist aber, dass hier Leute mit einer klaren Vision angetreten sind und dabei auch potenzielle Kontroversen bewusst in Kauf genommen haben.

Donald von seinem Marineeinsatz zurückzuholen und sein Hausboot einzubauen, hat hingegen kein gespaltenes Echo ausgelöst, sondern wurde weltweit begrüßt. Endlich bekommt die das Unglück so sehr anziehende Ente die Aufmerksamkeit, die sie verdient, dürften einige gedacht haben, und dann auch noch im klassischen schwarz-weißen Outfit statt im überwiegend blauen. Und den Anfang von Dagoberts Erfolgsgeschichte - das Verdienen seines Talers Nr. 1 (oder Glückszehners respektive Glückskreuzers) -, auf sehr gelungene Weise leicht zu modifizieren, hatte verständlicherweise ebenfalls keine Beschwerden aus dem Fanlager zur Folge.

Fazit

Der vielleicht größte Vorzug der neuen DuckTales ist, dass es sich zwar offiziell um ein Reboot handelt, die Serie faktisch allerdings etwas vollkommen Eigenes darstellt und sie deshalb auch von den Kindern von einst problemlos genossen werden können, ohne zu einem Entweder-oder gezwungen zu werden.

Das Format ist zweifelsohne auf dem besten Wege eine Kultserie zu werden, die ähnlich wie Die Simpsons, Willkommen in Gravity Falls oder Rick and Morty den Anspruch hat, auf unterhaltsame Weise den Zeitgeist zu kommentieren und von einem Team verantwortet wird, das offensichtlich noch jede Menge Ideen für weitere Staffeln hat. Darauf ein: Wo-hoo!

zusätzlicher Bildnachweis: 
© Disney XD

Disney XD | DUCK TALES - Die neue Serie! Ab 22. Dezember

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