Der Nexus-Vorfall - Kritik zu Folge 1.04 von Loki

SPOILER

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Mit “Lamentis” hatte Loki in der vergangenen Woche etwas zurückgeschaltet. Das Tempo ist in dieser Woche mit “Der Nexus-Vorfall” hinsichtlich der Actionsequenzen auch nicht sonderlich hoch - dafür wird der Hauptplot deutlich vorangetrieben. Und das ist einem fast schon leisen Tonfall.

Wer sich bei IMDB die Castingliste zur Serie angesehen hat, wusste, dass wir im Laufe der Serie die junge Sylvie zu sehen bekommen werden. So beginnt die Episode auch mit einer kleinen Vorgeschichte. Sie ist klein. Aber lässt tief blicken. Klar ist, dass Ravonna sich in der TVA anscheinend hochgearbeitet hat. Bei der Festnahme der jungen Sylvie war sie noch als Minute Men tätig - jetzt ist deutlich, dass sie einen höheren Rang bekleidet. Vor allem aber wirft die Vorgeschichte die sehr dringende Frage auf, welchen Nexus-Vorfall Sylvie bereits als Kind ausgelöst haben soll.

“Sie sind ein Arschloch.”

Mit dem Mid-Season-Clip war ebenfalls klar, dass Loki und Sylvie wieder bei der TVA landen und erneut festgenommen werden. Wie beide aber dann scheinbar ruhig dem Ende auf Lamentis entgegenblicken und über ihre eigene Daseinsberechtigung philosophieren, geht unter die Haut. Hier stimmen die Gesten und Blicke von Tom Hiddleston und Sophia Di Martino einfach.

So gut die Chemie zwischen Hiddleston und Di Martino aber auch ist, der Schlagabtausch zwischen Loki und Mobius zeigt, was in “Lamentis” gefehlt hat. Das Timing zwischen Owen Wilson und Tom Hiddleston ist perfekt, die gemeinsamen Szenen gehören definitiv zu den absoluten Highlights der Serie. Für “Der Nexus-Vorfall” ist die Beziehung der Figuren zueinander nochmals komplexer geworden. Schließlich muss es Loki irgendwie gelingen, in Mobius genügend Zweifel an der TVA zu streuen - und das ist keine leichte Aufgabe, wenn der Vertrauensvorschuss, den Mobius Loki immer wieder gewährt hat, schlichtweg aufgebraucht ist.

Ich erzähl mir selbst all die Lügen

Um Loki dann weichzukochen, schickt Mobius ihn kurzerhand in eine Zeitschleife. Und was für eine! Es gibt ein Wiedersehen mit Jaimie Alexander, die in ihre Rolle als Lady Sif zurückkehrt und Loki immer und immer wieder beschimpfen und verprügeln darf. Einige Schleifen später ist Loki al dente und bereit für eine Auseinandersetzung mit Mobius.

Es geht schon unter die Haut, wenn man als Zuschauer mit ansehen muss, wie ohnmächtig Loki sich fühlen muss. Wie soll er Mobius davon überzeugen, dass auch er lediglich eine Variante ist, wenn er ihn vorab einfach zu oft angelogen hat? Warum sollte Mobius ihm ausgerechnet jetzt Glauben schenken? Und dennoch … irgendwie hat er es doch geschafft.

Damit begibt sich Mobius auf verdammt dünnes Eis. Es ist klar, dass Ravonna Verdacht schöpft, dazu gibt sich Mobius einfach zu auffällig. Aber dennoch hofft man als Zuschauer irgendwie darauf, dass es ihm doch gelingt, sie zu überlisten. Allerdings macht die Serie diese Hoffnung schnell zunichte und geht zum Ende der Episode nicht zimperlich mit dem Publikum um.

Der “Ich-hasse-Ravonna-Renslayer-Club”

Wer im Laufe der vergangenen Folgen eine emotionale Bindung zu den Figuren aufgebaut hat, braucht zum Ende hin ein dickes Fell. Definitiv. Denn die Ereignisse überschlagen sich, und das Drehbuchteam geht nicht wirklich zimperlich vor. Natürlich hat Ravonna Verdacht geschöpft - aber dass sie Mobius umgehend eliminieren lässt, kommt überraschend. Allerdings bleibt abzuwarten, ob Mobius wirklich einfach so ausgelöscht ist. Immerhin ist Owen Wilson laut Liste von IMDB in fünf Episoden zu sehen; und die Mid-Credit-Scene deutet an, dass Auslöschen vielleicht nicht unbedingt den Tod bedeutet. Fest steht allerdings: Ravonna hat sich damit zur Hass-Figur entwickelt.

Nicht nur, dass sie einen Fanliebling einfach so auslöschen lässt. Nein, sie hätte die Möglichkeit gehabt, noch einen Funken Empathie zu zeigen, als Sylvie wissen möchte, welchen Nexus-Vorfall sie ausgelöst hat - ein für Sylvie wichtiges Thema, schließlich wurde sie mit ihrer Verhaftung aus ihrer Kindheit gerissen und war anschließend permanent auf der Flucht. Darstellerin Gugu Mbatha-Raw zeigt sich hier souverän. Für einen kurzen Moment ist Ravonna anzumerken, dass sie sich in der Tat daran erinnern kann, die eiskalte Lüge aber vorzieht. Ein gelungener, scheinbar flüchtiger Moment, der sich aber einbrennt.

Doomsday?

Der Showdown der Episode findet dieses Mal vor den Zeithütern statt. Szenenapplaus an dieser Stelle für B-15, die - seitdem Sylvie sie in “Die Variante” verzaubert hatte - ebenfalls Zweifel an der TVA hatte und im entscheidenden Moment zur Rettung naht. Das Drehbuchteam mischt die Karten mit dem Finale nochmals ordentlich durch. Die Zeithüter stellen sich als Androiden raus (und irgendwo lacht sich Sam Wilson jetzt ins Fäustchen, weil es mal wieder einer von den großen Drei war), Loki und Sylvie haben einen Rose-Tyler-Doctor-Moment, bevor Ravonna Loki auslöscht … und dann wäre da noch die Post-Credit-Scene.

Denn diese wirft die nicht ganz unbedeutende Frage auf, ob eine Auslöschung wirklich den Tod bedeutet. Oder ob es sich nicht um eine sehr schmerzvolle Teleportation handelt. Der scheinbar tote Loki kommt nämlich zu sich - und trifft auf vier seiner Varianten (Richard E. Grant als Classic Loki, DeObia Oparei als Boastful Loki, Jack Veal als Kid Loki und dann wäre da noch Alligator-Loki), die einem zerstörten New York City stehen. In den Ruinen ist der zerstörte Avengers-Tower zu erkennen. Warum es ausgerechnet New York ist, ob die Handlung mit den Avengers-Filmen spielt oder doch eher Auswirkungen auf Doctor Strange in the Multiverse of Madness hat und was passiert, wenn sich Loki-Varianten zusammenschließen … darauf werden die finalen beiden Folgen die Antworten haben. Die Schachfiguren sind definitiv in Position gebracht.

Fazit

Mit “Der Nexus-Vorfall” spielt Loki gekonnt mit den Emotionen seines Publikums. Die Episode macht einige Enthüllungen, zeigt deutlich, dass die vermeintlich Guten doch die Bösen sind und gibt den Zuschauern Rätsel auf, welche Auswirkungen die Serie auf das MCU hat. Auch wenn die Folge vom Tonfall eher leise gehalten ist, überzeugt sie gerade mit den Charaktermomenten - und genau das macht “Der Nexus-Vorfall” zu einer so starken Episode.

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