Abschied - Kritik zum Staffelfinale von Star Trek: Picard 2.10

SPOILER

Star Trek Picard 0210.jpg

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Mit der zehnten Episode kommt die 2. Staffel von Star Trek: Picard zu ihrem Abschluss. Unter dem passenden Titel "Abschied" bringen die Autoren viele offene Stränge zusammen und setzten auf ein emotionales Ende. Inwiefern das tatsächlich funktioniert, steht jedoch auf einem anderen Blatt. In "Abschied" wird wieder einmal deutlich, was eines der großen Probleme der neuen Star-Trek-Ära unter Alex Kurtzman ist. Den Serienmachern geht es verstärkt darum, emotionale oder coole Momente zu kreieren. Logik, Nachvollziehbarkeit und Kanon werden dann gern einmal hinten angestellt. Letztere scheint ohnehin vor allem dazu da zu sein, um mit Fanservice Punkte zusammeln, wird aber gern mal in allen anderen Aspekten der Geschichte ignoriert.

Ob "Abschied" für den Zuschauer funktioniert, hängt daher stark davon ab, ob einem Emotionen reichen. So kann die Episode durchaus mit einigen emotionalen Momenten punkten. Dem gegenüber stehen allerdings auch wieder jede Menge Logiklöcher und inhaltliche Entscheidungen, die einen nur den Kopf schütteln lassen. Ein Gefühl, das in der neuen Star-Trek-Ära mittlerweile nur zu vertraut ist.

Die unnötigen zwei Picards

Nachdem die Gefahr durch die Borg-Königin gebannt ist, machen sich Picard und seine Mitstreiter auf den Weg, um Adam Soong zu stoppen. Dieser Handlungsstrang zeigt noch einmal sinnbildlich, was das Problem von Star Trek: Picard ist. Auf dem Papier klingt ein Wettlauf gegen die Zeit, bei dem sich Tallinn schließlich opfert, nachdem sie zuvor ein emotionales Aufeinandertreffen mit Renée Picard hatte, durchaus spannend. Die Umsetzung ist allerdings sehr wirr geraten und wirkt extrem gewollt.

Dies beginnt bereits damit, dass Soong innerhalb von Stunden von der Pampa in Frankreich zurück nach Kalifornien reist. Dieselbe Strecke, für die Picard und Co wohlgemerkt einen Transporter nutzen. Anschließend wird er mit einer der fadenscheinigsten Begründungen überhaupt wenige Minuten vor dem Start zu einer Astronautin vorgelassen, die er dann auch noch umständlich mit einem Nervengift tötet. Gleichzeitig fällt Tallinn nichts Besseres ein, als einfach Renée Platz einzunehmen, um sich an ihrer Stelle töten zu lassen, einfach weil die Autoren entschieden haben, dass es einen tragischen Tod geben muss. Ein simpler Phaser mit Betäubungsfunktion hätte ausgereicht, Soong zu stoppen.

Gleichzeitig muss man bei dieser Szene festhalten, dass Picard in seiner eigenen Serie wieder einmal nur die Randfigur spielt. Bereits in der vorherigen Episode wurde die Gefahr, die von der Borg-Königin ausging, nicht von Jean-Luc, sondern von Agnes, Seven und Raffi gelöst. Picard war währenddessen damit beschäftigt, Visionen zu haben. Im Staffelfinale übernimmt nun Tallinn das Zepter, und für Jean-Luc bleibt wieder nur die Rolle des Zuschauers.

Raffi, Rios und Seven dürfen zumindest den Backup-Plan von Soong stoppen. Hier hat man allerdings eher das Gefühl, dass die Szene dafür da ist, künstlich Spannung aufzubauen und vor allem den Figuren irgendetwas zu tun geben soll. Etwas, das nicht zum ersten Mal in dieser Staffel passiert.

Hauptsache Fanservice

Nachdem die Europa Mission gerettet wurde, ist es dann noch einmal an der Zeit für etwas Fanservice. Adam Soong muss lernen, dass seine Klon-Tochter Kore sein Lebenswerk zerstört hat und er nun vor dem Nichts steht. Doch natürlich hat er noch ein Ass im Ärmel beziehungsweise eine Akte im Schrank und diese trägt den Namen Projekt Khan. Szenen wie diese sind ein Grund, warum Fanservice einen schlechten Ruf hat. Letztendlich geht es nur darum, den Star-Trek-Fans noch einmal irgendeinen vertrauten Namen zu zeigen. Es hätte auch einfach Fanservice auf dem Umschlag stehen können, das wäre ähnlich nachvollziehbar gewesen.

Doch ist der Erwähnung von Khan nur der Auftakt, denn kurz darauf, dürfen sich die Zuschauer über ein Wiedersehen mit Wil Wheaton in seiner Rolle als Traveler Formerly Known As Will Crusher freuen. Auch hier muss man aber leider festhalten, dass der Auftritt seine gewünschte Wirkung verfehlt. Dies beginnt zunächst damit, das Crusher auf Kore Soong trifft, eine der unwichtigsten Nebenfiguren, mit der man als Zuschauer in der ganzen Staffel gefühlt zehn Minuten verbracht hat. Dazu will der Monolog auch nicht wirklich zünden. Zumindest in der englischen Originalversion wirkt es eher so, als würde man Wil Wheaton und nicht Will Crusher zu hören.

Abschied von 2024

Während der Fanservice und die Auflösung rund um Renée Picard nicht überzeugen können, hat die Episode aber zumindest noch ein Highlight zu bieten. Das finale Aufeinandertreffen von Q und Picard. Hier kommen tatsächlich Emotionen auf und das Gespräch zwischen den beiden macht wieder deutlich, was in der Staffel drin gewesen wäre. Auch zeigt John de Lancie noch einmal und vermutlich auch zum letzen Mal, wie gut er in der Rolle des Q ist. Selbst die Erklärung für sein Eingreifen ist nachvollziehbar, wenn man bestimmte Kanonaspekte (Q sollte eigentlich einen Sohn haben) und die Art und Weise, wie er die ganze Sache aufgebaut hat, mal außen vor lässt.

Wenig überraschend schickt Q Picard und seine Crew dann schließlich wieder zurück in ihre Zeit, allerdings nicht, bevor sich Rios nicht dann doch zum Verbleib im Jahr 2024 entscheidet. Die komplette Storyline rund um ihn wirkt auch an dieser Stelle wieder extrem über das Knie gebrochen. So will man Rios nicht wirklich glauben, wenn er meint, dass er nicht in die Zukunft gehört, vor allem nach seiner Entwicklung zwischen Staffel 1 und 2. Staffel-1-Rios, der allein auf einem Schiff mit Hologrammen lebt, mag eine solche Entscheidung treffen, für Sternenflotten-Captain Rios wirkt sie unrealistisch. Dass die Autoren am Ende dann durch Guinan noch versuchen, dem Zuschauer zu erzählen, dass Rios ein gutes Leben hatte, macht die Sache auch nicht besser. Wir reden hier schließlich von der Zeit des 3. Weltkriegs.

Zurück in die Zukunft

Picard und Co finden sich schließlich zurück auf der Stargazer und es kommt die wenig überraschende Demaskierung von Agnes. Während von dieser Entwicklung vermutlich niemand überrascht wurde, sieht es bei der Optik etwas anders aus. Das Kostüm von Agnes als Borg-Königin wirkt extrem billig. Gerade im Vergleich zu den Kostümen, welche die Star-Trek-Macher der 1990er auf die Beine gestellt haben, ist dies schon sehr fragwürdig.

Noch schlimmer ist jedoch, dass plötzlich aus dem Nichts eine Bedrohung aus dem Hut gezaubert wird, die Milliarden von Lebewesen bedroht und dann auch noch in fünf Minuten direkt wieder aufgelöst wird. Hier spürt man beinah, wie die Autoren eine "coole" Szene schaffen wollten, in der dann plötzlich die Sternenflotte gemeinsam mit den Borg sich dieser Bedrohung entgegenstellt und einer vermeintlich epischer Moment entsteht. Die Umsetzung ist jedoch alles andere als gut.

Gleichzeitig werden in den letzten Minuten noch ein paar Charakterarcs aufgelöst. So wird Seven beispielsweise aus dem Stegreif zum Captain befördert. Zwar ist es nett, Seven auf dem Captainstuhl zu sehen, gut erzählt ist die Sache aber ebenfalls nicht. Dass Seven überhaupt Interesse an einem Sternenflottenpost hat, wurde erstmals in Folge 9 angesprochen, eine Folge später bekommt sie ihn dann einfach geschenkt und dies wohlgemerkt von jemandem, der bei dem Gespräch überhaupt nicht dabei war.

Darüber hinaus wird auch Elnor zurück in die Welt der Lebenden geholt. Der romulanische Kandett darf also weiterhin sein Schwert schwingen. Für Picard gibt es ebenfalls noch ein Happy End, und er kommt gerade rechtzeitig, um Laris vor ihrem Abschied abzuhalten. Wer übrigens auf eine Erklärung gehofft hat, warum Tallinn und Laris identisch aussehen, der wird im Staffelfinale enttäuscht. Stattdessen endet die Episode mit einer romantischen Kamerafahrt.

Staffelfazit

Letztendlich ist es bei Star Trek wie bei Und täglich grüßt das Murmeltier. Die Staffeln starten hoffnungsvoll, man denkt sich "Vielleicht bekommen sie jetzt die Kurve" und dann setzt spätestens ab der Staffelmitte die Ernüchterung ein. Die 2. Staffel erweist sich am Ende inhaltlich auf einem kaum besseren Niveau als Staffel 1. Dies liegt unter anderem auch daran, dass die Handlung sich nicht über zehn Episoden trägt. Vor allem im Mittelteil wurde dies sehr deutlich.

Auch das grundsätzliche Setting und das generelle Mantra, es mit Logik und Nachvollziehbarkeit nicht zu ernst zu nehmen, erweisen sich wieder einmal als Stolpersteine. Allein die Entscheidung, dass Picard im Jahr 2024 einen Flug zu einem Jupitermond sicherstellen soll, zeigt, wie viele komische Entscheidungen die Autoren getroffen haben. Lediglich den Darstellern kann man kaum einen Vorwurf machen, die noch das Beste aus dem Material herausholen. Wenn Staffel 2 von Picard gegenüber Staffel 1 vielleicht doch etwas die Nase vorn hat, dann liegt das primär an den Darstellern.

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