Gruselkabinett 181: Das gefährlichste Spiel der Welt - Kritik zum Hörspiel

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2020 lief auf dem Streaming-Anbieter Quibi die Serie Most Dangerous Game, in der sich der von Liam Hemsworth gespielte Protagonist gegen Geld von anderen Menschen jagen lässt. Man denkt sofort an Stephen Kings Roman Menschenjagd, dessen Verfilmung Running Man mit Arnold Schwarzenegger, den deutschen Fernsehfilm Das Millionenspiel von Tom Toelle oder die Kurzgeschichte The Prize of Peril von Robert Sheckley.

Die Vorlage für die Actionserie ist aber, wie der Titel schon vermuten lässt, die wesentlich unbekanntere Erzählung The Most Dangerous Game von Richard Connell. Diese Geschichte hat nun Hörspielregisseur Marc Gruppe für die Reihe Gruselkabinett vertont.

"Die Welt besteht nun mal aus zwei Klassen: den Jägern und den Gejagten."

"Das gefährlichste Spiel der Welt" beginnt auf dem Ozean. Der Großwildjäger Sanger Rainsford will 1924 von New York nach Brasilien reisen. Doch soll er sein Ziel nie erreichen. Als sein Schiff gerade durch die Karibik fährt, stürzt der Jäger mitten in der Nacht von der Besatzung unbemerkt ins Meer. Er kann sich auf eine einsame Tropeninsel retten. Dort lebt in einer Festung der russische General Zaroff, welcher den Gestrandeten aufnimmt und bewirtet.

Die beiden Männer verbindet eine gemeinsame Leidenschaft: die Jagd. Deswegen wird Rainsford zunächst auch nicht misstrauisch, als Zaroff ihn zur Teilnahme an seiner nächsten Unternehmung auf der Insel einlädt. Der General hat den gestrandeten Großwildjäger allerdings bereits als Beute seiner nächsten Jagd ausgewählt. So findet sich Rainsford am folgenden Morgen nur mit einem Messer bewaffnet auf der Flucht vor dem General und seinen Hundemeute wieder.

"Das sind Tiere, wilde Tiere – sie haben keine Gefühle wie wir."

Die Geschichte kommt völlig ohne übernatürlichen Horror aus und lässt auf die Formel zusammenfassen: Ein reicher Mann tötet auf seiner privaten Insel aus Freude an der Jagd andere Menschen. Aus dieser simplen Grundidee schuf Richard Connell ein spannendes Action-Abenteuer. Die 1924 veröffentlichte Erzählung erlangte schnell große Bekanntheit, und da der Autor auch Drehbücher verfasste, war die Verfilmung des Stoffes nur eine Frage der Zeit.

1932 drehten Ernest B. Schoedsack und Merian C. Cooper den Kinoklassiker King Kong und die weiße Frau. Zeitgleich mit dem Abenteuerfilm inszenierten die beiden Regisseure Graf Zaroff – Genie des Bösen. Der Film teilte sich mit dem berühmten Riesenaffen nicht nur den Drehort, sondern auch einige der Hauptdarsteller.

The Most Dangerous Game ist seine bis heute bekannteste Erzählung und entwickelte im Kino rasch ein Eigenleben mit vielen Variationen und Abwandlungen. Zu den Produktionen, die mal mehr oder weniger lose auf Connells Geschichte basieren, gehören unter anderen auch der trashige Science-Fiction-Streifen Jäger der verschollenen Galaxie (1987), Surviving the Game (1994) mit Ice-T und Rutger Hauer sowie die oben bereits erwähnte Serie Most Dangerous Game. Der Autor Sylvain Runberg und der Zeichner François Miville-Deschênes haben die Geschichte in ihrem Comicalbum Zaroff sogar fortgesetzt.

Obwohl die Erzählung so oft als Vorlage für Drehbücher diente, geriet der Originaltext im Laufe der Jahre in Vergessenheit. Regisseur Mark Gruppe bleibt in seinem Hörspiel, wie für die Gruselkabinett-Reihe üblich, eng an der literarischen Vorlage. Das zeigt sich vor allem an der begrenzten Anzahl der Sprecher, die für das Hörspiel benötigt werden.

"Ihr Englisch ist hervorragend."

In der Hauptrolle ist Pascal Breuer als Sangaer Rainsford zu hören. Er ist der Synchronsprecher des Bollywood-Schauspielers Shah Rukh Khan. Für die Gruselkabinett-Hörer ist er kein Unbekannter. Breuer war unter anderem in "Das Traktat Middoth" oder "Alraune" zu hören. In Folge 181 führt er als Icherzähler in gewohnt guter Qualität durch das Hörspiel. Das bietet zwar keine Überraschung, fügt sich aber wunderbar in das Konzept der Horror Reihe ein.

Bekannter als Breuer dürfte die Stimme von Torsten Münchow sein, der Brendan Fraser (Die Mumie) im Deutschen seine Stimme leiht. In "Das gefährlichste Spiel der Welt" spricht er den Antagonisten General Zaroff. Er klingt rauer, als man seine Stimme von seiner Synchronarbeit in Erinnerung hat. Das passt aber sehr gut zu dem dekadenten General. Positiv fällt auf, dass Münchow komplett darauf verzichtet, mit einem künstlichen russischen Akzent zu reden.

In weiteren Rollen sind Glenn Goltz als Großwildjäger Whitney und Peter Weis als Kapitän Nielsen zu hören. Goltz war zuletzt in Folge 180 des Gruselkabinetts als Jim Shorthouse zu hören, während Weis in derselben Folge die Rolle des Erzählers übernahm. Thomas Balou Martin steuert als Zaroffs stummer Handlanger Iwan zu richtigen Zeit ein paar Grunzlaute bei. Wer ihn richtig sprechen hören will, muss zu den Gruselkabinett-Folgen "Der gewaltige Gott Pan" oder "Die Köpfe von Apex" greifen.

Neben der guten Leistung der Sprecher muss man auch die Inszenierung insgesamt loben. Regisseur Marc Gruppe hat Geräusche, Effekte und Musik gut in die Handlung eingewoben. Das Hörspiel wird den einen oder anderen Hörer mit 71 Minuten vielleicht ein wenig zu lang vorkommen. Gerade zu Beginn und dann wieder in der Mitte gibt es zwei lange Dialogpassagen über die Kunst der Jagd zwischen Rainsford und seinen Freund Whitney beziehungsweise Zaroff.

"Wenn interessiert schon, wie sich ein Jaguar dabei fühlt, wenn wir Jagd auf ihn machen?''"

Ob man diese Stellen zu lang oder gar langweilig findet, kommt auf die Einstellung an, mit der man an das Hörspiel herangeht. Wer sich eine altmodische Geschichte nahe an der Vorlage wünscht, wird die Dialoge mögen, in denen die verschiedenen Facetten, Freuden und Grausamkeiten der Jagd diskutiert werden. Wer sich auf spannende Action freut, muss sich bis zur zweiten Hälfte gedulden.

Allerdings hat das Hörspiel ein weiteres Problem. Sanger Rainsford fungiert auch als Erzähler der Geschichte. Somit nehmen schon seine ersten Worte ein wenig die Spannung aus dem Hörspiel. So bangt man nicht wirklich um das Leben des Helden. Das tut dem Hörvergnügen insgesamt jedoch keinen Abbruch. Wer öfter zu einem Gruselkabinett-Hörspiel greift, weiß, was ihn erwartet.

Nachdem in der Reihe zu Beginn viele Vertonungen bekannter Gruselklassiker von Bram Stoker, H. P. Lovecraft, Mary W. Shelly, Arthur Conan Doyle oder Edgar Allen Poe erschienen, inszenierte Marc Gruppe zuletzt immer öfter auch Geschichten vergessener Autoren wie Willy Seidel, Francis Flagg oder wie im vorliegenden Fall Richard Connell. Somit bietet auch "Das gefährlichste Spiel der Welt" die Chance, einen verschollene Geschichte wieder zu entdecken – es lohnt sich.

Fazit

Wer sich ein Hörspiel der Gruselkabinett-Reihe kauft, kann sich auf eine gelungene Inszenierung und gute Leistung der Sprecher verlassen. Darin ist auch die 181. Folge keine Ausnahme. Hörer, die eine simple Actiongeschichte erwartet, könnte in der ersten Hälfte enttäuscht werden. Zu Beginn philosophieren die Figuren noch über das Für und Wider der Jagd. In der zweiten Hälfte zieht die Spannung an und belohnt den Zuhörer mit einem packenden Zweikampf zweier Jäger.

zusätzlicher Bildnachweis: 
© Titania Medien

Titania Medien: Gruselkabinett Folge 181 – Das gefährlichste Spiel der Welt (Hörprobe)

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